So kommt der multiresistente ESBL-Keim in Krankenhäuser

Studie aus Jena: Jeder achte neu in eine Klinik eingewiesene Patient trägt bereits hochresistente ESBL-Keime in sich – Foto: Alexander Raths - Fotolia
Wie kommen Krankenhauskeime eigentlich ins Krankenhaus? Wissenschaftler des InfectoGnostics Forschungscampus Jena konnten jetzt in einer Studie zeigen, dass Patienten die Keime häufig schon mitbringen. Jeder achte Patient neu eingewiesene Patient war demnach mit einem ESBL-Keim besiedelt. Unter Patienten aus Pflegeheimen trug sogar jeder vierte den hochresistenten Keim in sich.
ESBL-Keime sind Bakterien, die ein bestimmtes Enzym bilden, (Extended-Spectrum-Betalaktamasen - ESBL). Das Enzym setzt sich erfolgreich gegen Antibiotika zur Wehr, so dass Ärzte bei ESBL-Infektionen immer häufiger zu Reserve-Antibiotika greifen müssen. Dieser Kreislauf führt dazu, dass mittlerweile viele Antibiotika bereits wirkungslos sind. Infektionen mit ESBL-Keimen sind darum besonders gefürchtet. Allerdings verursacht nicht jeder Keim gleich eine Infektion.
ESBL-Keime schlummern im Darm
„ESBL-bildende Bakterien breiten sich nicht hauptsächlich in Krankenhäusern aus, sondern kolonisieren vor allem über die Nahrungsaufnahme den gesunden Darm“ erläutert Dr. Oliwia Makarewicz vom Institut für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene des Uniklinikums Jena. Die Kolonisierung selbst sei nicht gefährlich, solange die Betroffenen gesund seien. „ Bei schweren Operationen oder bei Immunschwäche können die Keime jedoch zu Infektionen führen“, so die Wissenschaftlerin.
Die Infektionsforscher aus Jena wollten wissen, wie hoch die Kolonisierungsrate bereits bei der Einweisung ins Krankenhaus ist und ob diese Rate während des Klinikaufenthalts steigt.
Mehr als 1.300 Patienten auf den hochresistenten Keim getestet
1.334 Patienten wurden deshalb am Tag der Aufnahme in die Klinik und bei der Entlassung auf ESBL-bildende Darmkeime getestet. Falls möglich, wurde der Test sechs Monate später noch einmal durchgeführt.
Dass 12,7 Prozent, also jeder achte Patient positiv getestet worden sei, zeige, wie weit verbreitet ESBL-bildende Bakterien bereits heute in der Bevölkerung sind, schreiben die Studienautoren im Fachmagazin „PLOS ONE“. Noch dramatischer sei die Situation jedoch bei Patienten aus Altenpflegeheimen: „Fast jeder vierte Patient (23,8 Prozent) trägt hier bereits die multiresistenten Keime in sich.“
Trotz dieser hohen Kolonisierungsrate mit ESBL-Erregern traten tatsächliche Infektionen mit dem ‚eigenen‘ ESBL-Keim demnach während des Krankenhausaufenthalts äußerst selten auf: In der Studie infizierte sich lediglich ein einziger Patient mit dem eigenen Erreger.
Resistenzen gehen auf andere Bakterienstämme über
Die geringe Zahl an Infektionen in der Klinik sei allerdings noch kein Grund zur Entwarnung, meint Makarewicz. „Einerseits ist die Anzahl der tatsächlichen Infektionen in Abteilungen wie der Onkologie, Geriatrie oder der Intensivstation ungleich höher, da dort hauptsächlich Risikopatienten mit geschwächtem Immunsystembehandelt werden. Andererseits konnten wir in unseren Analysen erneut zeigen, dass die Erbinformationen für Multiresistenzen über Plasmide auch auf andere Bakterienarten im Darm übertragen werden neue multiresistente Erreger können somit sehr schnell entstehen.“
Man müsse davon ausgehen, dass solche Kolonisierungskeime die Resistenzen an Krankenhauskeime weitergeben können.
Hagel S, Makarewicz O, Hartung A, Weiß D, Stein C, Brandt C, Schumacher U, Ehricht R, Patchev V, Pletz MW: ESBL colonization and acquisition in a hospital population: The molecular epidemiology and transmission of resistance genes, PLOS ONE (2019) DOI: http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0208505
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