Schwarzer Pilz: Warum in Indien und nicht in Deutschland?

Infektionen mit dem schwarzen Pilz enden oft tödlich – Foto: © Adobe Stock/ Kateryna_Kon
Während in Indien die Corona-Infektionszahlen zurückgehen, erkranken dort immer mehr Covid-Patienten am schwarzen Pilz. Dabei handelt es sich um einen Schimmelpilz, der auch in deutschen Kellern und Wäldern vorkommt. Normalerweise steckt das Immunsystem den Pilz locker weg. In Indien scheint das vielfach nicht zu gelingen.
Pilz frisst sich durch Nasennebenhöhlen
Nach der Inhalation der Sporen wächst der sogenannte Black Fungus lokal in das Gewebe ein, frisst sich durch die Haut und zerstört Muskeln und Knochen. Vor allem die Nasennebenhöhlen sind betroffen und manchmal sogar die Augenhöhlen: Der Nasen- und Rachenraum färbt sich schwarz. Bei Patienten mit einem stark geschwächten Immunsystem kann es dann zu Streuung kommen und alle Organe befallen. Die Bilder aus Indien sind so gruselig, dass betroffene im Fernsehen verpixelt gezeigt werden. Viele Betroffene sterben daran.
Kortison und schlechte Hygiene könnten schuld sein
Experten der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC (Centers for disease control an prevention) vermuten, dass es an den großen Mengen an Kortison liegt, die in Indien Covid-19-Patienten verabreicht werden. Kortison schwächt das Immunsystem. Auch bei uns bekommen Patienten mit einem schweren Covid-Verlauf Kortison. Doch die Firstline-Therapie ist erst einmal Sauerstoff, und zwar in großen Mengen. Mit einer High-Flow-Sauerstofftherapie kommen viele Patienten gut über die Runden. In Indien ist Sauerstoff jedoch knapp. Also wird den Patienten Kortison gegeben, das flächendeckend im Land vorhanden ist. Das so geschwächte Immunsystem hat dem schwarzen Pilz dann offenbar nichts mehr entgegenzusetzen. Außerdem erhöht Kortison den Blutzuckerspiegel. Zucker gibt dem Pilz weitere Wachstumsnahrung.
Ein weiterer Grund für die Ausbreitung des schwarzen Pilzes in Indien sind den Experten zufolge auch die hygienischen Zustände in indischen Krankenhäusern. Pilzsporen haben dort ein leichtes Spiel. Vor allem wenn sie auf immungeschwächte Patienten treffen.
Behandlung einer Mukormykose schwierig
Pilzinfektionen – sogenannte Mukormykosen – sind behandelbar. Als Medikamente kommen Antimykotika zum Einsatz. Prof. Dr. Jörg Steinmann, Ärztlicher Leiter der Klinikhygiene an der Paracelsus Medizinischen Privatuni Nürnberg erklärt dazu: Wenn möglich, sollten die befallen Gewebe und Organe operativ vom Pilzbefall befreit werden, was in vielen Fällen nicht möglich sei. Medikamentös werde teilweise eine Kombinationstherapie verabreicht, die jedoch Nebenwirkungen verursachen könne. „Trotz chirurgischer und medikamentöser Therapie liegt die Letalität – natürlich in Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Erkrankung – leider bei rund 40 bis 80 Prozent“, so der Hygieneexperte.
Besondere Risikogruppen für eine Pilzinfektion sind Patienten mit Immundefekten, Diabetes oder chronischen Lungenerkrankungen. Auch größere operative Eingriffe bergen laut Steinmann ein Risiko – und natürlich seien Intensiv-Patienten mit viralen Infektionen durch Influenza oder COVID-19 besonders gefährdet.
Der Experte vermutet, dass Pilzinfektionen auf deutschen Intensivstationen mitunter als Todesursache übersehen werden. „Das Problem ist, dass manche Pilzinfektionen schwer nachzuweisen sind und des-halb nicht entdeckt werden“, so Steinmann. Durch neue und verbesserte Nachweismethoden könne man relevante Pilze aber detektieren. So könne man in Blutproben bestimmte Biomarker frühzeitig nachweisen. Mittlerweise würden aber auch PCR-Verfahren zum Pilznachweis eingesetzt.