Schwangerschaft: Warum Alkohol fürs Kind so gefährlich ist

Wie alle Nährstoffe auch, gelangt leider auch Alkohol über die Nabelschnur direkt in den Körper des Kindes. Die Folge: Blutalkohol auch beim Baby – und die Gefahr von lebenslangen Schäden. – Foto: AdobeStock/freshidea
Schon kleine Mengen Alkohol in der Schwangerschaft gefährden die körperliche und geistige Entwicklung des ungeborenen Kindes. „In der Schwangerschaft gibt es keinen Konsum ohne Risiko“, heißt es in einem Ratgeber der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). „Jedes Glas ist eines zu viel. Denn jetzt ist auch der Organismus des ungeborenen Kindes mit betroffen, der sehr empfindlich auf den Alkoholkonsum der Mutter reagiert.“ Frauen sollten für sich während der gesamten Schwangerschaft konsequent die Null-Promille-Grenze einführen, rät die BZgA anlässlich des „Tages des alkoholgeschädigten Kindes" am 9. September, denn Ungeborene seien während ihrer gesamten Entwicklung gefährdet. Wörtlich heißt es bei der Bundeszentrale: „Das Ungeborene trinkt immer mit.“
Die Nabelschnur vorsorgt das Kind – auch mit Alkohol
In der Schwangerschaft bilden Mutter und Baby eine Einheit, ihre Körper sind über die Nabelschnur und die Plazenta verbunden. Die Nabelschnur versorgt das Ungeborene mit Sauerstoff und allen Nährstoffen, die es zum Wachsen braucht. Auch schädliche Substanzen aus dem Körper der Mutter erreichen das Kind und dessen Blutkreislauf leider genauso schnell und effektiv. „Innerhalb weniger Minuten haben Mutter und Kind denselben Alkoholspiegel“, warnt die BZgA. Während die Aufnahme von Alkohol bei Mutter und Kind fast gleich schnell geschehe, dauere der Abbau des Alkohols beim Ungeborenen erheblich länger. In der Folge dauere auch schädigende Wirkung länger an.
Blutalkohol beim Kind zeitweise höher als bei der Mutter
Alkohol wird hauptsächlich über die Leber abgebaut. Die Leber des ungeborenen Kindes ist aber noch nicht vollständig entwickelt. Deshalb dauert der Alkoholabbau beim Ungeborenen deutlich länger und der Alkoholspiegel sinkt bei ihm viel langsamer als bei der Mutter. Der Alkohol zirkuliert viel länger im Körper des Kindes. Das ist der Grund, weshalb der Blutalkoholspiegel beim ungeborenen Kind sogar eine zeitlang höher sein kann als bei der Mutter selbst.
Schädlicher Alkohol: Zeitpunkt und Menge spielen eine Rolle
Laut Bundeszentrale kann nicht nur regelmäßiges Trinken die Gesundheit des werdenden Kindes schädigen, sondern auch bereits gelegentliches. Neben der Menge an Alkohol, die getrunken wird, hängen die gesundheitlichen Folgen für das Baby auch vom Zeitpunkt in der Schwangerschaft ab, zu dem es dem Alkohol ausgesetzt ist. So steht Alkohol in der Frühphase der Schwangerschaft im Zusammenhang mit schwerwiegenden körperlichen Schäden. Im späteren Verlauf der kann Alkoholkonsum zu Wachstumsstörungen, neurologischen Auffälligkeiten und intellektuellen Entwicklungsstörungen beim Kind führen. Hier drei Schwangerschaftsetappen im Detail:
Erster bis dritter Schwangerschaftsmonat:
In dieser Phase besteht die größte Gefahr für körperliche Fehlbildungen. Durch den Alkohol wird die Zellvermehrung, aber auch die Zellteilung ungünstig beeinflusst, sodass es zu Fehlbildungen kommen kann. Die Entwicklung des Gehirns ist dabei besonders anfällig. Durch die Alkohol-Einwirkung wird das Zellenwachstum im Gehirn gestört und vermindert: Es bleibt in der Entwicklung zurück und ist deutlich kleiner. Die geringere Zahl der Gehirnzellen wird auch mit späteren Entwicklungsstörungen der Kinder in Verbindung gebracht.
Vierter bis sechster Schwangerschaftsmonat:
Auch während dieser Zeit kann Alkoholkonsum zu Wachstumsstörungen führen. Darüber hinaus wächst das Risiko für Fehlgeburten als Folge des Trinkens.
Siebter bis neunter Schwangerschaftsmonat:
Im letzten Drittel der Schwangerschaft kommt es normalerweise zu einem deutlichen Wachstum des Kindes, das durch Alkohol in dieser Phase empfindlich gestört werden kann. Auch das Gehirn vergrößert und entwickelt sich in diesen Monaten stark. Unter Alkoholeinfluss aber vernetzen sich die Nervenzellen nicht miteinander oder sterben sogar ab. Entwicklungsstörungen sind die Folge.
(Quelle: BZgA)
Risiken: Von Sprechproblemen bis zum Herzfehler
Rund 10.000 Kinder kommen jedes Jahr in Deutschland mit psychischen und physischen Gesundheitsschäden auf die Welt, weil die Mutter während der Schwangerschaft Alkohol getrunken hat. Sie leiden häufig lebenslang an Verhaltensauffälligkeiten wie Ruhelosigkeit, Reizbarkeit, Lern- und Sprachproblemen. Das Krankheitsbild heißt in der Fachsprache „Fetale Alkoholspektrum-Störungen" (FASD). Etwa 3.000 dieser Kinder leiden darüber hinaus am „Fetalen Alkoholsyndrom" (FAS), der schwersten Form: Fehlbildungen des Skeletts, der Extremitäten und des Gesichts sowie Nierenschäden oder Herzfehler können hier hinzukommen.
Drogenbeauftragte: „Unheilbare – aber komplett vermeidbare Erkrankungen“
„Kein Baby sollte heutzutage noch mit einer Alkoholspektrumstörung geboren werden!“, sagt Daniela Ludwig, die Drogenbeauftragte der Bundesregierung. „FAS und FASD sind vermeidbare, aber unheilbare Erkrankungen, die Kinder ein Leben lang einschränken. Teilweise in einem sehr erheblichen Ausmaß, so dass sie ein Leben lang auf Unterstützung angewiesen sind.“ Die Drogenbeauftragte ruft daher Mütter dazu auf, während der Schwangerschaft und am besten auch während der Stillzeit unbedingt auf Alkohol zu verzichten.