Psychiater wollen Traumagedächtnis mit Antibiotikum löschen

Traumatische Erinnerungen einfach vergessen – das erhoffen sich Forscher durch die Hemmung bestimmter Enzyme – Foto: pathdoc - Fotolia
Wenn traumatische Erlebnisse immer wieder hochkommen, spricht man von einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Häufigste Gründe sind Krieg, körperliche Gewalt oder auch Naturkatastrophen. Eine Psychotherapie kann helfen, ist jedoch nicht immer erfolgreich. Wissenschaftler suchen daher nach Wegen, das Traumagedächtnis medikamentös zu beeinflussen. So auch ein Forscherteam der Psychiatrischen Universitätsklinik und der Universität Zürich. Erste Experimente machen hellhörig: Durch die Gabe des Antibiotikums Doxycyclin konnte bei Probanden die Erinnerung an ein negatives Erlebnis deutlich abgeschwächt werden.
Emotionale Gedächtnis wird abschwächt
Bei dem Versuch wurden 80 Personen in eine Experimental- und in einer Kontrollgruppe eingeteilt. Alle erhielten leicht schmerzhafte elektrische Reize, die sie mit einer spezifischen Farbe zu verknüpfen lernten. Die Experimentalgruppe erhielt zusätzlich vorher 200 mg Doxycyclin, die Kontrollgruppe nur ein Placebo.
Sieben Tage später wurde den Teilnehmern erneut die Farbe gezeigt. Dabei traten in den Placebogruppe verstärkte Schreckreaktionen auf. „Bei Probanden der Experimentalgruppe waren die späteren Schreckreaktionen im Vergleich zur Kontrollgruppe rund zwei Drittel schwächer“, erklärt Psychiater Prof. Dominik Bach. „Damit zeigen wir erstmals, dass Doxycyclin das emotionale Gedächtnis abschwächt, wenn es vor einem negativen Ereignis eingenommen wird.“
Dass Doxycyclin auch nach einem traumatischen Erlebnis die erhoffte Wirkung zeigen könnte, ist laut Bach nicht unwahrscheinlich. Man weiß nämlich aus Laborversuchen, dass das Antibiotikum bestimmte Enzyme hemmt. Diese sogenannte Metalloproteinasen kommen im gesamten Körper vor und sind unter anderem auch bei der Entstehung von Herzerkrankungen und verschiedenen Krebsarten beteiligt.
Doxycyclin hemmt bestimmte Enzyme
Für Studienleiter Bach scheint nun auch klar, dass die Enzyme auch für die Gedächtnisbildung relevant sind. Deren Hemmung sei ein wichtiger Anknüpfungspunkt, um therapeutisch wirksame Substanzen zu entwickeln, meint der Studienleiter. „Doch bereits mit dem heutigen Wissensstand könnte Doxycyclin wahrscheinlich angewendet werden, um vorhandene emotionale Erinnerungen zu dämpfen – wenn Patienten das wünschten», sagt er. So könne man existierende Traumaerinnerungen in einer Psychotherapie gezielt aktivieren und dann durch Gabe von Doxycyclin wieder schwächen.
Die Schweizer Forscher wollen die Kombinationstherapie nun zunächst an gesunden Menschen erproben. Bei Erfolg, könnten weitere Untersuchungen an Erkrankten folgen. Der Vorteil von Doxycyclin ist, dass zumindest die Sicherheit der Therapie längst erwiesen ist.
Foto: © pathdoc - Fotolia.com