Pflegenotstand „das“ Thema auf dem Deutschen Pflegetag

Deutscher Pflegetag 2015: Viele Probleme, kaum Lösungen
Die Zahlen, die dieser Tage auf dem Deutschen Pflegetag die Runde machen, sind ernüchternd. Hochrechnungen zufolge wird die Zahl der Pflegebedürftigen bis zum Jahr 2030 von heute 2,6 Millionen auf 3,4 Millionen steigen. Wer die Pflege der Babyboomer einmal übernehmen soll, ist bislang ungelöst. Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung werden dann allein in den Pflegeheimen rund 2,5 Millionen Pflegkräfte fehlen. Zeitgleich sinkt die Zahl der Angehörigen, die heute mehr als zwei Drittel der Pflegebedürftigen zu Hause pflegen, unter anderem wegen des demografischen Wandels und weil es immer mehr Single-Haushalte gibt.
Pflegenotstand: Bis 2030 fehlen 2,5 Millionen Pflegekräfte
„Wir stehen vor einer Energiewende. Aber die Tragweite des Themas Pflege wird hierzulande immer noch unterschätzt“, sagte AOK-Vorstand Jürgen Graalmann bei der Auftaktveranstaltung des Deutschen Pflegetags am Donnerstag in Berlin. Bis Samstag werden dort rund 3000 Experten erwartet, darunter auch Staatssekretär Karl-Josef Laumann. Der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Patienten und Pflege gab zu verstehen, dass er sich sowohl für eine Entlastung der pflegenden Angehörigen als auch für gute Arbeitsbedingungen und öffentliche Wertschätzung des Pflegeberufs einsetzen will. Letzteres will er unter anderem durch flächendeckende Tarifverträge erreichen, ohne die in der Pflege keine angemessene Bezahlung erreicht werden könne. Außerdem schwebt ihm eine umfassende Ausbildung für professionelle Pflegekräfte vor, die es ihnen ermöglichen soll, sowohl im Krankenhaus als auch in der Altenpflege arbeiten zu können. “Wer umfassende Aufgaben hat, braucht eine umfassende und generalistische Ausbildung. Mit einer neuen Pflegeausbildung, mit einem einheitlichen Berufsbild und einer gemeinsamen Ausbildung werden wir die Pflege stärken“, betonte Laumann.
Pflegekräfte: Laumann fordert umfassende Ausbildung
Der Präsident des Deutschen Pflegerats Andreas Westerfellhaus kritisierte, dass zwischen 1995 und 2005 etwa 50.000 Vollzeitstellen im Pflegedienst der Krankenhäuser abgebaut wurden. Dieser Personalmangel wirke sich nicht nur auf die Qualität der Pflege und auf die Patientensicherheit aus, sondern mache auch das Pflegepersonal krank. „Gesundheits- und Kranken- sowie Altenpfleger sind knapp doppelt so häufig von den beruflichen Anforderungen überfordert wie andere Erwerbstätige und leiden häufiger an muskuloskelettalen Beschwerden, sagte er. Das Resultat sei eine Teilzeitquote, die mit 52 Prozent fast doppelt so hoch sei wie die der übrigen Beschäftigten im Gesundheitswesen. Er forderte bundesweite Pflegekammern als „Sprachrohr der professionell Pflegenden“. Derzeit sind rund 1,3 Millionen Menschen in der professionellen Pflege tätig. Eine Berufskammer ähnlich wie bei den Ärzten gibt es jedoch bisher nur in wenigen Bundesländern.
AOK-Vorstand Graalmann meinte indes, die Aufwertung der professionellen Pflege reiche nicht aus, um den Pflegenotstand zu verhindern. Aus diesem Grund forderte er die Stärkung der Angehörigenpflege durch gezielte Unterstützungsangebote. Die AOK baue deswegen aktuell ihre speziellen Angebote für pflegende Angehörige flächendeckend aus und investiere in die Pflegeforschung. Dies können die Kranken- und Pflegekassen jedoch nicht alleine übernehmen.“ Hier sind auch andere Akteure wie Kommunen vor Ort gefordert“, so Graalmann.
© Robert Kneschke - Fotolia.com