Nur halb so viele Grippefälle – dank Corona-Hygieneregeln

Ende 2020 war die Zahl der Krankschreibungen pro Woche wegen Grippe teils nicht einmal halb so hoch wie in den Vorjahren. Blaue Linie unten: November/Dezember 2020. Grüne Linie darüber: der Vergleichszeitraum 2018/2019. – Foto: Grafik: Barmer
In der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der Krankschreibungen wegen Grippe im Schnitt mehr als halbiert. Das geht aus einer Auswertung von Patientenbehandlungsdaten der Krankenkasse „Barmer“ für das Jahresende 2020 hervor. Zwischen November und Weihnachten waren im Mittel lediglich 661 Personen pro Woche wegen einer Grippe arbeitsunfähig. Im Vergleichszeitraum der Vorjahre 2018 und 2019 waren es im Schnitt 923 bis 1.721 Barmer-Versicherte pro Woche.„Teilweise lagen die wöchentlichen Rückgänge bei mehr als 60 Prozent“, heißt es bei der Barmer.
Weltweit berichteten Länder in dieser Saison über eine Influenza-Aktivität deutlich unter den Ergebnissen der Vorjahre, ergibt sich aus einer Übersicht des Robert-Koch-Instituts (RKI). Für die Saison 2020/21 gehen Experten weiterhin von einem extrem niedrigen Zirkulationsniveau bei Influenzaviren aus. Nach einer Analyse der AOK Nordost ist ein Begleiteffekt der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auch der, dass die Atemwegsinfektionen insgesamt zurückgehen.
RKI bestätigt: „Grippe aktuell kaum spürbar“
„Die Grippe spielt zu Beginn dieses Jahres bisher eine sehr geringe Rolle“, sagt Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer. Auch nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts ist die Grippe aktuell im Inland kaum spürbar. „Die Abstand- und Hygieneregeln zum Schutz vor Corona senken offensichtlich auch das Influenzarisiko“, sagt Marschall weiter. Dies sei ein positiver und immens wichtiger Effekt. Denn je weniger schwere Grippe-Fälle es gebe, desto mehr der dringend erforderlichen Kapazitäten blieben den Krankenhäusern, um Corona-Kranke zu versorgen. Nun gelte es, nicht nachzulassen und die Abstands- und Hygieneregeln weiterhin konsequent einzuhalten.
Grippeimpfung für Ältere, Chroniker und Schwangere trotzdem ratsam
Grundsätzlich gilt die Grippeimpfung als wichtiger Baustein für die Prävention von Influenza-Erkrankungen. „Menschen, die täglich mit vielen Personen Kontakt haben, Seniorinnen und Senioren, chronisch Kranke und Schwangere sollten die Grippeschutzimpfung jetzt noch nachholen“, sagt Barmer-Ärztin Marschall und verweist darauf, dass ihre Kasse die Kosten dafür bei allen Versicherten übernimmt. Da sich die Influenza-Saison bis in den April oder Mai ziehen könne, sei eine Immunisierung auch jetzt noch sinnvoll. Innerhalb von zehn bis 14 Tage nach der Impfung sei der Schutz im Körper aufgebaut.
Grippe-Impfung kein Vollkasko-Schutz
Trotzdem ist die Impfung kein Vollkasko-Schutz. Jedes Jahr kursieren andere Grippeviren; jedes Jahr muss der Impfstoff neu angepasst werden, damit er vor den aktuell grassierenden Influenzaviren möglichst gut schützt. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist das geschwächte Immunsystem bei älteren Menschen sowie bei chronisch Kranken. „Auch wer geimpft ist, sollte stets eine gewisse Vorsicht walten lassen“, sagt die Barmer-Ärztin weiter. Deshalb bleibe es sehr wichtig, die Virusausbreitung durch Einhaltung der AHA-Regeln zu verhindern.
Corona-Hygieneregeln auch nach Grippe-Impfung relevant
In den anlässlich der COVID-19-Pandemie entwickelten Hygiene- und Abstandsregeln steht die Buchstabenfolge „AHA“ für Abstand halten, Hygiene-Maßnahmen beachten (husten/niesen in die Armbeuge, Hände waschen/desinfizieren) und Alltagsmaske tragen. Inzwischen hinzugekommen sind ein „L“ für das regelmäßige Lüften von Räumen zur Beseitigung erregerhaltiger Ausatemluft („Aerosole“). Und ein „A“ beziehungsweise „C“ für die Empfehlung, die offizielle Corona-Warn-App auf dem Smartphone zu nutzen.