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Neurofeedback aktiviert Theta-Wellen und steigert Gedächtnisleistung

Freitag, 25. September 2020 – Autor:
Theta-Wellen sind langsame Hirnstromwellen, die uns in eine Art entspannten Wachzustand führen. Dass die Theta-Aktivität auch die Gedächtnisleistung und das Erinnerungsvermögen steigert, zeigt eine aktuelle Untersuchung mit Neurofeedback-Training.
Theta-Wellen verbessern das Quellengedächtnis. Die Hirnstromwellen lassen sich mit Neurofeedback hochregulieren, aber auch spezielle Entspannungsmusik kann helfen

Theta-Wellen verbessern das Quellengedächtnis. Die Hirnstromwellen lassen sich mit Neurofeedback hochregulieren, aber auch spezielle Entspannungsmusik kann helfen – Foto: ©triocean - stock.adobe.com

Theta-Wellen sind en vogue. Werden diese langsamen Hirnstromwellen neuerdings mit entspanntem Wachzustand, Achtsamkeit und Selbstoptimierung in Verbindung gebracht. Studien haben gezeigt, dass bestimmte Meditationstechniken, die Theta-Aktivität erhöhen können.

Nun zeigt eine aktuelle Untersuchung von Neuropsychologen der Universität des Saarlandes, dass sich die Theta-Wellen auch mit Neurofeedback steigern lassen. Der Effekt ist ein verbessertes Erinnerungsvermögen.

Theta-Wellen lassen sich hochregulieren

An der Studie nahmen insgesamt 35 studentische Testpersonen teil. Aufgabe von 17 Probanden der Trainingsgruppe war es, eine Achterbahnanimation auf dem Computerbildschirm möglichst schnell fortzubewegen. Parallel dazu wurde das EEG der Testpersonen aufgezeichnet. Dabei wurde auch der Anteil der Theta-Wellen erfasst und durch die Geschwindigkeit der Achterbahn an die Probanden rückgekoppelt. „Das Neurofeedback-Training bestand also darin, dass bei einem Anstieg der Theta-Wellen im Gehirn der Probanden auch die Geschwindigkeit der Achterbahn zunahm, während umgekehrt ein geringer Anteil von Theta-Wellen dazu führte, dass die Achterbahn stehenblieb“, erkläutert Studienleiter Prof. Axel Mecklinger.

Die 18 Probanden der Kontrollgruppe erhielten dagegen eine Rückkopplung auf zufällig ausgewählte Hirnstromwellen ihres EEGs. Hirnstromwellen unterscheiden sich in ihrer Frequenz und lassen sich im EEG messen. Theta-Wellen gehören mit 4 bis 8 Hertz zu den langsamen. Insgesamt mussten die Probanden sieben 30-minütige Trainingssitzungen über elf Tage verteilt absolvieren.

„Bei der Trainingsgruppe ging die Theta-Aktivität ab der dritten Sitzung deutlich nach oben, während bei der Kontrollgruppe kein Anstieg der Theta-Aktivität feststellbar war“, fasst Mecklinger die Beobachtungen des ersten Teils der Studie zusammen. So habe die Theta-Aktivität bei jedem der Probanden aus der Trainingsgruppe um 10 bis 15 Prozent zugenommen. „Durch die visuelle Rückmeldung seiner Leistung lernt der Proband, seine Theta-Wellen hochzuregulieren. Dies zeigt, dass sich die eigene Theta-Aktivität durch Neurofeedback-Training individuell trainieren lässt.“

Klarer Zusammenhang zwischen Theta-Wellen und Erinnerung

Spannend ist vor allem der zweite Teil der Studie, in der die Effekte der Theta-Aktivität auf das Erinnerungsvermögen untersucht wurden. Die Gedächtnistrainings fanden einen Tag vor dem ersten Neurofeedback-Training, einen Tag nach der letzten Trainingssitzung sowie 13 Tage später statt. Dabei wurden den Studienteilnehmern jeweils zunächst 200 Wörter präsentiert. Bei jedem Wort wurden sie gefragt, ob die durch die Wörter beschriebenen Objekte lebendig sind oder ob sie ihnen angenehm erscheinen. In einem anschließend durchgeführten Gedächtnistest wurden die zuvor gelernten Wörter zusammen mit einigen neuen Wörtern präsentiert. Schätzten die Probanden ein Wort als zuvor gesehen ein, wurden sie gefragt, mit welcher Quelle, das heißt, mit welcher Frage (lebendig oder angenehm) es zuvor präsentiert worden war.

 „Die Probanden, die durch das Neurofeedback-Training die Ausprägung ihrer Theta-Wellen erhöht hatten, zeigten eine klare Verbesserung ihrer Quellengedächtnis-Leistung“, sagt Kathrin Eschmann, Erstautorin der Studie. Als Quellengedächtnis bezeichne man die Erinnerung an den zeitlichen und räumlichen Kontext einer Episode, erläutert sie. Wer beispielsweise seinen Schlüsselbund verlegt habe, versuche sich zu erinnern, wann und wo er ihn zuletzt gesehen hat. „Damit besteht jede episodische Erinnerung unseres Lebens nicht nur aus einer Information oder einem Gegenstand, beispielsweise dem Schlüsselbund, sondern auch aus dem dazugehörigen Kontext“, erläutert die Neuropsychologin.

Quellengedächtnis verbessert sich langfristig

Auch 13 Tage nach Abschluss des Neurofeedback-Trainings waren die Verbesserungen des Erinnerungsvermögens noch messbar. „Dies zeigt, dass die Erhöhung der Theta-Wellen durch das Neurofeedback-Training eine langfristige Verbesserung des Erinnerungsvermögens im Hinblick auf das Quellengedächtnis hervorruft“, sagt Kathrin Eschmann.

Die Untersuchung wurde zwar mit jungen Testpersonen durchgeführt, doch die Theta-Wellen-Aktivierung mittels Neurofeedback könnte auch eine Option für ältere Menschen sein. Dies wäre sehr zu hoffen, meint Eschmann, „da die Leistung des Quellengedächtnisses mit zunehmendem Alter deutlich abnimmt.“

Die Studie wurde in der neurowissenschaftlichen Zeitschrift NeuroImage veröffentlicht.

Foto: © Adobe Stock/triocean

Hauptkategorie: Medizin
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