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Nationale Diabetesstrategie droht zu scheitern

Montag, 3. Februar 2020 – Autor: Anne Volkmann
Seit Jahren steigt die Anzahl der Diabeteserkrankungen in Deutschland stetig an. Im Jahr 2040 sollen laut Prognosen 12 Millionen Bundesbürger betroffen sein. Dennoch ist es erneut nicht zur geplanten Umsetzung einer nationalen Diabetesstrategie gekommen. Offenbar gab es Widerstand von Mitgliedern des Ernährungsausschusses.
Diabetes, nationale Diabetesstrategie

Experten fordern schon lange eine nationale Diabetesstrategie, um die Zahl der Neuerkrankungen zu senken – Foto: ©adrian_ilie825 - stock.adobe.com

Über sieben Millionen Deutsche sind derzeit an Diabetes erkrankt – und laut Experten wird diese Zahl noch steigen. Schon lange wird daher von Fach- und Betroffenenverbänden eine nationale Diabetesstrategie gefordert, um die Prävention von Diabetes und die Versorgung von Betroffenen zu verbessern sowie die Forschung zu fördern. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD wurde ein entsprechender Rahmenplan angekündigt, umgesetzt wurde er bisher jedoch nicht.

Im Januar sollte es nun endlich soweit sein. Doch die Verhandlungen stehen derzeit still. Offenbar hat der Ernährungsausschuss das Vorhaben blockiert, wie aus internen Kreisen bekannt wurde. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) sowie die diabetes.de - Deutsche Diabetes-Hilfe bezeichneten daraufhin das Handeln der Regierung als „unverantwortlich“. Sie werfen der Großen Koalition vor, die Gesundheit künftiger Generationen zu gefährden.

Streitpunkte: Zuckerreduktion und Werbeverbote

Entscheidender Streitpunkt soll ein Passus um Maßnahmen zur verbindlichen Zuckerreduktion in Lebensmitteln sowie ein Werbeverbot zuckerhaltiger Lebensmittel für Kinder gewesen sein. Diese Punkte halten die Fachverbände für besonders wichtig. „Wissenschaftlich ist belegt, dass diese Maßnahmen wirken, da sie einerseits Auswirkungen auf das Kaufverhalten haben, andererseits die Hersteller animieren ihre Rezepturen gesünder zu gestalten“, erklärt Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG.

Es sei unstrittig, dass ungesunde Ernährung einen großen Risikofaktor für die Entstehung eines Diabetes darstelle. Daher sei es notwendig, den Bürgern die Entscheidung für eine gesunden Ernährung zu erleichtern.

Studie bestätigt Einfluss von Werbung auf Kinder

„Es ist unverantwortlich, dass anscheinend einseitige Interessen der Lebensmittelindustrie einen größeren Stellenwert haben als dringend notwendige Strukturveränderungen in der Diabetesversorgung und -prävention, und dadurch das gesamte Vorhaben zu kippen droht“, kritisiert Dr. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE - Deutsche Diabetes-Hilfe.

„Ohne verbindliche Ernährungsmaßnahmen droht die Gesamtstrategie gegen den Anstieg von Diabetes und Adipositas zu scheitern“, warnt auch Professor Andreas Neu, DDG Vizepräsident. Gerade die Zuckerreduktion in Lebensmitteln für Kinder und Verbote von Werbung für ungesunde Lebensmittel, die sich an Kinder und Jugendliche richtet, seien unverzichtbar für den gesundheitlichen Schutz künftiger Generationen.

Bestätigt wurde das erst kürzlich durch eine Studie. Sie konnte zeigen, dass Werbung einen größeren Einfluss auf das Ernährungsverhalten von Kindern und Jugendlichen hat als die Eltern.

Deutschland braucht nationale Diabetesstrategie

Die Fachverbände appellieren nun nachdrücklich an die verantwortlichen Politiker, die nationale Diabetesstrategie weiter voranzutreiben, und dringen darauf, verhältnispräventive Maßnahmen unbedingt zu berücksichtigen. Seit Jahren fordern Diabetes-Verbände ein politisches Gesamtkonzept für mehr Diabetesprävention und eine bessere medizinische Versorgung.

„Andere EU-Länder sind uns weit voraus und haben bereits eine Diabetesstrategie oder einen Aktionsplan“, betont Bitzer. Es sei für das bevölkerungsreichste europäische Land mit einem großen Diabetesproblem ein Armutszeugnis, das nicht zu schaffen.

Foto: © adrian_ilie825 - stock.adobe.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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