Mit Morbus Crohn oder Rheuma gegen COVID-19 impfen lassen?

Kieler Studie: mRNA-Impfung unter immunsuppressiver Therapie offenbar sicher und wirksam – Foto: © Adobe Stock/Framestock
Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Schuppenflechte oder chronische-entzündliche Darmerkrankungen werden häufig mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt. Doch die Frage, inwieweit eine COVID-19-Impfung bei den betroffenen Patienten wirksam und sicher ist, war bislang nicht beantwortet, da in den Zulassungsstudien der neuartigen mRNA-Impfstoffe Menschen mit einer immunsuppressiven Therapie ausgeschlossen waren. Forscher des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) haben diese Frage nun in einer kleinen Studie untersucht. Die im Fachmagazin „Annals of the Rheumatic Diseases“ veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass die neuen mRNA-Impfstoffe gegen COVID-19 bei Menschen mit chronischen Entzündungserkrankungen und immunsuppressiver Therapie wirksam und verträglich sind.
Sorge über neue Entzündungsschübe unbegründet
„Bei vielen Patientinnen und Patienten mit chronischen Entzündungserkrankungen und einer entsprechenden immunsuppressiven Therapie war die Sorge groß, dass die Impfung entweder aufgrund des unterdrückten Immunsystems nicht ausreichend wirkt oder aber zu neuen Entzündungsschüben führen könnte“, erklärt die federführende Autorin Bimba Hoyer, Professorin für Rheumatologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und Leiterin des Exzellenzzentrums für Entzündungsmedizin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. „Von der Influenza-Impfung wissen wir, dass sie auch bei Menschen mit immunsuppressiven Therapien wirkt und von ihnen gut vertragen wird. Aber für viele andere Impfstoffe gibt es nur wenig Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit bei dieser speziellen Personengruppe. Darüber hinaus nutzen die neuen mRNA-Impfstoffe einen völlig neuen, bisher nicht verwendeten Wirkmechanismus, so dass hier dringender Forschungsbedarf bestand“, so Hoyer weiter.
Studie mit 25 Patienten plus Kontrollgruppe
Für die Studie hatten die Kieler Forscher 25 Patienten mit verschiedenen chronischen Entzündungserkrankungen zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Impfung mit einem mRNA-COVID-19-Impfstoff untersucht und die Reaktionen mit denen von gesunden Geimpften verglichen. Alle Studienteilnehmer waren medikamentös gut eingestellt mit einer immunsuppressiven Therapie, das heißt, sie hatten zum Zeitpunkt der Impfung nur eine niedrige oder gar keine Krankheitsaktivität. Die Impfung selbst war nicht Teil der Studie, alle Teilnehmenden gehörten zur Prioritätsgruppe 1 und wurden daher bereits zu Beginn der Impfungen in Schleswig-Holstein geimpft.
Kein Fieber nach der Impfung aufgetreten
„Die Impfung mit einem der mRNA-Impfstoffe führte in unserer Studie zu keinerlei Krankheitsaktivität bei den Patientinnen und Patienten, wir konnten weder molekular noch klinisch eine wieder aufflammende Entzündung feststellen“, berichtet Dr. Ulf Geisen, Erstautor der Studie und Wissenschaftler in der Abteilung Rheumatologie der Klinik für Innere Medizin I am UKSH, Campus Kiel. Auch traten in der Gruppe mit chronischen Entzündungserkrankungen weder andere noch häufigere Nebenwirkungen auf als in der Vergleichsgruppe oder in den Zulassungsstudien. Tatsächlich bekam keine Person dieser Gruppe Fieber, während diese Nebenwirkung bei einigen der gesunden Teilnehmenden auftrat.
Altersgerechte Impfantwort
Auch zeigten alle Personen mit immunsuppressiver Therapie eine nach aktuellem Wissensstand ausreichende Impfantwort auf die Impfstoffe. Allerdings waren die gemessenen Antikörperlevel, die als Marker für einen Impferfolg dienen, bei wenigen Patientinnen und Patienten geringer als in der Kontrollgruppe. „Das liegt möglicherweise an dem höheren Alter dieser Patientinnen und Patienten. Auch bei gesunden älteren Menschen sind die Antikörperlevel nach einer Impfung in der Regel geringer“, erklärt Hoyer. „Das niedrigere Antikörperlevel könnte einen Einfluss darauf haben, wie lange die Impfung anhält. Das wollen wir in künftigen Studien untersuchen. Möglicherweise muss bei der Gruppe der Menschen mit einer immunsuppressiven Therapie die Impfung früher aufgefrischt werden als bei gesunden Menschen“, sagt Hoyer.
Kein Unterschied zwischen den einzelnen Atoimmunerkrakungen erkennbar
In die Studie waren hauptsächlich Patienten mit rheumatoider Arthritis eingeschlossen, es wurden aber auch Geimpfte mit anderen rheumatischen Erkrankungen, mit der chronischen Hauterkrankung Psoriasis (Schuppenflechte) oder mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, wie Morbus Crohn, untersucht. „Diese Erkrankungen unterscheiden sich in ihren Symptomen zum Teil deutlich voneinander, da sie ganz unterschiedliche Körperbereiche wie etwa Gelenke, Haut oder den Darm betreffen. Gleichzeitig sind die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen erstaunlich ähnlich, wie wir in zahlreichen Studien zeigen konnten. Daher überlappen bei diesen verschiedenen Erkrankungen auch die eingesetzten Medikamentengruppen“, erklärt der Co-Autor und Cluster-Sprecher Professor Stefan Schreiber. „Deshalb haben wir in dieser Studie Patientinnen und Patienten mit verschiedenen dieser Erkrankungen untersucht, die aber zum Teil die gleichen immunsuppressiven Therapien erhalten. Bisher konnten wir keine Unterschiede bei der Wirksamkeit oder Verträglichkeit der Impfungen zwischen den verschiedenen untersuchten Erkrankungen und Therapien sehen.“