Mehr Tierwohl in der Forschung: Charité 3R eröffnet

Weniger Tierversuche, bessere Lebensbedingungen: Charité 3R fördert Alternativmethoden – Foto: ©Studio KIVI - stock.adobe.com
Tierversuche ersetzen (replace), reduzieren (reduce) und verfeinern (refine) – das ist das 3R-Prinzip und Auftrag von Charité 3R. Am Freitag wurde das Zentrum nun im alten Anatomie-Hörsaal auf dem Campus Mitte offiziell eröffnet. Dieser Schritt sei längst überfällig gewesen, erklärte der Charité-Vorstandsvorsitzende Prof. Karl-Max Einhäupl in seiner Begrüßungsrede. Sei man zu seiner Studienzeit in den 1970er Jahren noch relativ sorglos mit Tierversuchen umgegangen, sei inzwischen ein Bewusstseinswandel in Gesellschaft und Wissenschaft eingetreten. „Das 3R-Prinzip ist ein Anliegen der ganzen Charité“, sagte Einhäupl, der in diesem Zusammenhang von einer „regelrechten Bewegung“ sprach.
Bestmöglicher Tierschutz, bestmögliche Wissenschaft
Dabei gehe es einerseits um das Tierwohl, andererseits um die Verbesserung der Forschung. Laut Einhäupl sind nur 20 Prozent aller tierexperimentellen Studien anschließend reproduzierbar. Das heißt auf gut Deutsch: 80 Prozent aller Tierversuche sind reine Verschwendung.
Ein Ziel von Charité 3R ist es deshalb, die Qualität der Forschung zu verbessern. Unnützes Tierleid soll so vermieden und gleichzeitig der Outcome für Patienten gesteigert werden. „Aber wer glaubt, man könne gänzlich auf Tierversuche verzichten, hat nicht verstanden, worum es geht“, bekräftigte Einhäupl.
Alternativen zu Tierversuchen entwickeln
Auch der Sprecher von Charité 3R Prof. Dr. Stefan Hippenstiel hält eine Welt ohne Tierversuche derzeit noch für unrealistisch, insbesondere dann, wenn es um das komplexe Zusammenspiel zwischen Zellen und Organen in lebenden Systemen gehe. „Daher gilt es, Tierversuche zu bestmöglicher Aussagekraft bei gleichzeitig maximal möglichem Tierschutz zu entwickeln“, sagte Hippenstiel. Sieben Projekte zur Verbesserung der Lebensbedingungen (Refinement) von Versuchstieren habe das Charité 3R Zentrum bereits mit 300.000 Euro gefördert.
Ebenso wichtig sei es, die Entwicklung Alternativmethoden zu fördern. Solche Alternativmethoden können Krankheitsmodelle sein, die auf menschlichen Zellen basieren, etwa Organoide oder Multi-Organ-Chips, oder Computermodelle und multidimensionale Bildgebungsverfahren. Auch menschliche Gewebeproben sind laut Hippenstiel eine wichtige Ressource.
„Translation verbessern, Tierschutz stärken, Alternativen entwickeln“, das ist die Vision von Charité 3R“, brachte Hippenstiel die Ziele des neuen Zentrums auf den Punkt.
Land Berlin fördert Charité 3R mit 8,4 Millionen Euro
Große Unterstützung erhält Charité 3R vom Land Berlin. Insbesondere Steffen Krach, Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, hatte sich dafür eingesetzt, Berlin zur Hauptstadt der Erforschung von Alternativmethoden zu entwickeln, wie es im Koalitionsvertrag vereinbart wurde. 8,4 Millionen Euro stellt das Land in den kommenden Jahren dem Zentrum bereit, damit es vielversprechende Ansätze am Gesundheitsstandort Berlin fördern kann.
„Die heutige Eröffnung des neuen interdisziplinären Forschungszentrums Charité 3R ist ein zentraler Baustein in unserem Vorhaben, den Tierschutz zu stärken und Tierversuche in der medizinischen Forschung so schnell und so weit wie möglich verzichtbar zu machen“, sagte Krach im Rahmen der Eröffnungsfeier. “Dafür bündeln wir die Kompetenzen von Charité, Universitäten und Forschungseinrichtungen und setzen auch weitere Impulse.“ Der kürzlich bewilligte Forschungsbau ‚Der Simulierte Mensch‛ von Charité und Technischer Universität sei der nächste große Schritt in diese Richtung.
Foto: © Studio KIVI - Fotolia.com