Lieferengpässe bei Arzneimitteln auf Rekordniveau

Den Apotheken gehen vielfach die Medikamente aus – Foto: ©Aliaksandr - stock.adobe.com
Dass Händler oder Hersteller einzelne Arzneimittel kurzfristig nicht zur Verfügung stellen können, kommt immer wieder vor. Oft kann bei solchen Lieferengpässen jedoch ein wirkstoffgleiches Präparat eines anderen Herstellers zur Verfügung gestellt werden, so dass die Behandlung des Patienten nicht beeinträchtigt wird. Gibt es jedoch keine gleichwertigen Alternativen und kann der Patient nicht angemessen versorgt werden, wird aus dem Lieferengpass ein Versorgungsengpass. Mit der Corona-Krise haben die derzeitigen Lieferengpässe zwar noch nichts tun. Allerdings können die fehlenden Desinfektionsmittel eine zusätzliche Belastung darstellen.
Lieferengpässe bereits seit Jahren ein Problem
„Lieferengpässe bei Arzneimitteln sind leider schon seit Jahren ein großes Problem für die Versorgung von Millionen Patienten“, sagt Friedemann Schmidt, Präsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Zurzeit befinden sich die Lieferengpässe bei Arzneimitteln in Deutschland auf einem Rekordniveau.
Wie die Vereinigung erklärt, sind die Lieferengpässe bei Arzneimitteln im Jahr 2019 auf 18,0 Millionen Packungen gestiegen und haben sich damit im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Die Gesamtzahl der in den Apotheken auf Rezept abgegebenen Medikamente ist derweil in allen drei Jahren bei etwa 650 Millionen konstant geblieben.
Am häufigsten fehlen Blutdrucksenker
Die Zahlen entstammen einer Analyse des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) auf Basis von Abrechnungen der Apotheken mit den gesetzlichen Krankenkassen. In der Rangliste der Lieferengpässe im Jahr 2019 liegt der Blutdrucksenker Candesartan mit 1,8 Millionen Packungen vor dem Gichtmittel Allopurinol mit 0,8 Millionen, dem Blutdrucksenker Valsartan (0,8 Millionen), dem Antidepressivum Venlafaxin (0,7 Millionen) und dem Schmerzmittel Diclofenac (0,7 Millionen).
Die Ursachen für Lieferengpässe sind vielschichtig und liegen unter anderem in den Strukturen der stark globalisierten und spezialisierten Arzneimittelherstellung. Für manche Wirkstoffe gibt es nur noch wenige Hersteller weltweit. Produktionsausfälle oder Qualitätsprobleme in einer einzelnen Anlage können dann bereits ausreichen, die Arzneimittelversorgung zu gefährden.
Corona-Krise zusätzliche Belastung
„Mit dem neuen, traurigen Rekordniveau an Lieferengpässen zeigt sich immer mehr, dass Apotheker als Krisenmanager agieren müssen, wenn sie ihre Patienten wenigstens mit Alternativpräparaten versorgen wollen“, erklärt Schmidt. „Dass die Apotheken in der derzeitigen Coronavirus-Krise die Desinfektionsmittel nun auch noch selbst herstellen müssen, ist ein zusätzlicher Belastungsfaktor.“ Der ABDA-Präsident fordert, dass bei diesem Mehraufwand auch über eine zusätzliche Vergütung gesprochen werden müsse.
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