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Lärm im Großraumbüro macht krank

Freitag, 10. Mai 2019 – Autor:
Die große Mehrheit von Arbeitnehmern erlebt Studien zufolge das Großraumbüro als negativ für Psyche und Gesundheit. Vor allem der Lärmpegel wird dabei als Belastung empfunden. Ausgerechnet beim bürotypischen geistigen Arbeiten verringert er die Produktivität.
Großraumbüro - Mitarbeiterin schützt sich mit großen schwarzen Kopfhörern vor Bürolärm

Endlich Ruhe: Der Geräuschteppich im Großraumbüro führt zu Konzentrationsschwierigkeiten und erhöht den Stresshormonspiegel. – Foto: ©contrastwerkstatt - stock.adobe.com

Großraumbüros wird oft Kultcharakter nachgesagt. Schick, modern und weitläufig sollen sie kommunikationsfördernd und arbeitsinspirierend wirken. Und mit einer Relax- und Fitnesszone und vielleicht noch einer Tischtennisplatte oder einem Kicker wollen sich manche Unternehmen ein cooles Image geben. Und doch kursiert ein Spruch, der an diesem Mythos kratzt: „Großraumbüros sind gut für die, die nicht darin sitzen müssen“. „Vielerorts leiden Konzentration und Wohlbefinden der Beschäftigten, weil die Akustik und damit die Geräuschkulisse in vielen dieser hippen Work Spaces schlecht ist“, warnen Experten der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Zwar gibt es individuell unterschiedliche Toleranzschwellen. Ein anhaltend hoher Lärmpegel jedoch schädigt die Gesundheit und kann zu Berufskrankheiten führen. An Lärm kann man sich nicht gewöhnen.

Moderne Baumaterialien: Reflektieren Lärm wie ein Spiegel das Licht

Eine Ursache für eine relativ hohe Geräuschkulisse in Büros und besonders in offenen Großraumbüros sind moderne Baumaterialien wie Glas, Stahl, Beton und Stein. „Leider verhalten sich diese Materialien akustisch eher wie ein Spiegel. Das heißt, sie reflektieren die Geräusche, die auf sie eintreffen, einfach wieder zurück in den Raum“, sagt Andrea Wolff vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. „Wenn sich nun viele sprechende Personen im Raum befinden, zusammen mit den typischen Büro-Geräuschquellen, dann haben wir im Raum ganz schnell einen Geräuschteppich, der beim Arbeiten stört."

Lärm im Büro erzeugt Kopfschmerzen und Nervosität

Bei vielen Arbeitnehmern erzeugt Lärm Stress. Der Körper reagiert darauf, indem sich die peripheren Blutgefäße verengen, der Blutdruck steigt und die Muskeln sich verspannen. Kopfschmerzen und Nervosität können die Folge sein. „Unter Lärm reagiert der Mensch leichter gereizt, ermüdet schneller oder wir können uns einfach nicht mehr so gut konzentrieren“, sagt DGUV-Expertin Wolff. „Dadurch machen wir bei der Arbeit schneller Fehler und werden mit unserer Arbeit einfach nicht so schnell fertig. Das baut dann wieder neuen Stress auf – und so geraten wir in eine Art Teufelskreis." Folge eines erhöhten Stresshormonspiegels kann ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sein.

Studien: Großraum negativ für Psyche und Gesundheit

Wissenschaftliche Studien stellen dem gehypten Großraumbüro keine so guten Noten aus. Wer im Großraumbüro arbeitet, ist häufiger krank, fanden Forscher der Hochschule Luzern heraus. Australische Forscher analysierten verschiedene Studien zum Arbeitsplatz und kamen zu dem Urteil, dass 90 Prozent der Befragten das Großraumbüro als negativ für Psyche und Gesundheit bewerteten. Vor allem der Lärmpegel wird dabei als Belastung empfunden.

Bürolärm mindert auch die Arbeitsproduktivität

Lärm ist aber nicht nur ein Gesundheitsrisiko: Er beeinträchtigt auch die Arbeitsproduktivität. Die Mehrheit der Arbeitnehmer in Deutschland hat ihren Arbeitsplatz in einem Büro und sitzt vor einem Bildschirm. Bildschirmarbeit aber erfordert viel Konzentration, weil Informationen verarbeitet werden müssen. „Zu einem gesundheitsgerechten Bildschirmarbeitsplatz gehören – neben der ergonomischen Gestaltung, einer ausreichenden Beleuchtung ohne Reflexion auch das richtige Raumklima und ein möglichst geringes Maß an Lärm“, heißt es in einem Business-Ratgeber der AOK.

In einer Expertise der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) heißt es: Lärm führe unter anderem „zu einer verminderten Arbeitsleistung durch Erhöhung der Beanspruchung des Organismus, insbesondere bei Tätigkeiten mit hohen geistigen Anforderungen wie Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis.“ Und: „Zu einer Störung der sprachlichen Kommunikation, zum Beispiel bei Lehrtätigkeiten, bei Gruppenarbeit oder im Callcenter.“

Großraumbüro gesünder gestalten: BGs und Kassen beraten

Experten sehen hier neben den Arbeitnehmern als Kollegen vor allem den Arbeitgeber in der Pflicht. Denn erwiesenermaßen sind Arbeitnehmer, die gerne zur Arbeit gehen, seltener krank(geschrieben). "Zunächst sollte man mal erkennen, dass man ein Problem mit Lärm im Büro hat. Und durch Gespräche mit den Kollegen vor Ort kann man dann herausfinden, was denn die konkreten Probleme sind. Also ob das zum Beispiel der telefonierende Nachbar ist oder die Kollegen, die ständig zum Drucker laufen“, sagt Andrea Wolff von der DGUV. Ein gesundheitsgerechter Büroarbeitsplatz liege aber im eigenen Interesse von Unternehmen und sei eine Verpflichtung. Externe Beratungshilfe für Unternehmen, die die Lärmbelastung in Großraumbüros verringern wollen, bieten Berufsgenossenschaften, Kranken- und Unfallkassen an.

Foto: Fotolia.com/contrastwerkstatt

Hauptkategorie: Medizin

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