Hilfe für alkoholgeschädigte Kinder geehrt

Hans-Ludwig Spohr erhält sein Engagement für alkoholgeschädigte Kinder das Verdienstkreuz am Bande
Fetal Alcohol Spectrum Disorder, kurz FASD, ist zur Lebensaufgabe von Hans-Lduwig Spohr geworden. Seit über 40 Jahren beschäftigt sich der Arzt mit der Diagnostik angeborener Alkoholschäden. Seitdem versucht er, die Versorgung von Kindern, die während der Schwangerschaft durch den Alkoholkonsum ihrer Mutter geschädigt wurden, zu verbessern.
Für diesen Einsatz bekam Spohr von der Berliner Staatssekretärin Emine Demirbüken-Wegner das Verdientskreuz am Bande überreicht, mit dem ihn Bundespräsident Joachim Gauck ausgezeichnet hat. Der Verdienstorden gehört zur höchsten Anerkennung, die die Bundesrepublik für Verdienste um das Gemeinwohl ausspricht.
„FASD ist eine lebenslange Behinderung, die zu 100 Prozent vermeidbar ist, wenn Frauen während der Schwangerschaft auf Alkohol verzichten“, sagte Demirbüken-Wegner. Spohr habe sich in Forschung, Lehre und Krankenversorgung für diese benachteiligten Menschen in beeindruckender Weise eingesetzt. Die Verbesserung der Diagnostik und Behandlung der Betroffenen und damit ihrer gesamten Lebenssituation sei Motivation seines beruflichen und ehrenamtlichen Einsatzes gewesen – ob als Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der DRK-Kliniken Westend oder als einer der beiden ärztlichen Leiter des FASD-Zentrums Berlin an der Charité. Spohr hat außerdem unter anderem das FASD-Kompetenzzentrum des Evangelischen Vereins Sonnenhof mit entwickelt.
FASD kann zu geistiger Behinderung führen
Was ist FASD? Als fetale Alkoholspektrum-Störung wird die vorgeburtliche Schädigung eines Kindes bezeichnet, die durch den Alkoholkonsum der schwangeren Mutter entsteht. FASD führt zur Verhaltens- und Lernstörungen, kann aber auch schwere körperliche und geistige Behinderungen und irreparablen Schädigungen des Zentralen Nervensystems verursachen. Drei- bis viertausend Kinder werden nach Angaben des Berliner FASD-Zentrums jährlich in Deutschland mit dieser Störung geboren.
Kleinwuchs, Untergewicht, Mikrozephalus und Fehlbildungen im Gesichtsbereich sind oft Zeichen für FASD. Betroffene Säuglinge leiden auch unter Fütterstörungen, motorischer Unruhe und Schlafstörungen. Später manifestiert sich FASD in einer ADHS/ADS-Symptomatik. Betroffene haben oft kognitive Einschränkungen und Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion. Erhebungen zeigen, dass mehr als 80 Prozent der Erwachsenen mit FASD ohne eine dauerhafte Beschäftigung sind.
Wirksamstes Gegenmittel: Alkoholverzicht
Um Kindern und Erwachsenen das FASD-Schicksal zu ersparen, hilft nach Ansicht von Ärzten wie Professor Spohr nur eines: der völlige Verzicht auf Alkohol während der Schwangerschaft.
Das Problem: Niemand kann bisher sagen, welche Alkoholmenge in welchem Schwangerschaftsstadium gefährlich ist. Aufhorchen lässt in diesem Zusammenhang eine Studie der Charité. Sie ergab, dass immerhin 58 Prozent der befragten schwangeren Frauen gelegentlich Alkohol trinken. Das Problem FASD muss offenbar noch tief in den Köpfen werdender Eltern verankert werden.
Foto: FASD-Zentrum Berlin