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Herzchirurgen diskutieren Widerspruchslösung für Deutschland

Donnerstag, 31. Mai 2018 – Autor: anvo
Viele Menschen in Deutschland warten verzweifelt auf ein Spenderorgan wie beispielsweise auf ein neues Herz. Um die Zahl der gespendeten Organe zu erhöhen, diskutieren Mediziner darüber, ob die Widerspruchslösung eingeführt werden sollte. Herzchirurgen haben sich dafür ausgesprochen.
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Am 2. Juni 2018 ist der Tag der Organspende – Foto: ©psdesign1 - stock.adobe.com

Über 3.000 Menschen in Deutschland wurde im letzten Jahr durch Organspenden die Chance auf ein neues Leben geschenkt. Doch noch immer stehen über 10.000 Menschen auf den Wartelisten für ein Spenderorgan. Viele warten bereits seit Jahren - und oft vergeblich. Denn Organspenden sind noch immer selten und täglich sterben Patienten, denen mit einer Transplantation hätte geholfen werden können. Drauf macht auch der bundesweite Tag der Organspende aufmerksam, der am 2. Juni 2018 stattfindet. Unter dem Motto "Richtig. Wichtig. Lebenswichtig" informieren zahlreiche Organisationen über das Thema Organspende.

Umfragen zeigen, dass viele Bundesbürger zwar grundsätzlich bereit sind, potenzielle Organspende zu sein. Dennoch schrecken sie oft zurück, den entsprechenden Ausweis zu unterschreiben. Skandale sind daran mitschuldig. Mittlerweile ist z. B. die Zahl der Herztransplantationen in Deutschland wegen des Mangels an Spenderorganen auf ein neues Rekordtief gesunken, wie Experten auf dem diesjährigen Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) mitteilten. Einige Herzchirurgen fordern daher nun die Widerspruchslösung auch für Deutschland. Sogar die Bundesärztekammer (BÄK) ist mittlerweile für eine Änderung der Gesetzeslage.

Immer weniger Herztransplantationen

Im vergangenen Jahr sind in Deutschland 253 Herztransplantationen durchgeführt worden – das sind dreißig weniger als in 2015, dem bisherigen Negativrekord. Der zunehmende Mangel an Spenderorganen zwingt die Herzchirurgen immer häufiger, auf die zweitbeste Lösung auszuweichen. Diese besteht im Einsatz eines Herzunterstützungssystems, eines sogenannten Kunstherzens, das insgesamt 1.027 Patienten erhielten: Eine kleine, von außen mit Strom versorgte Pumpe leitet das Blut aus der Herzkammer in die Hauptschlagader und entlastet damit den zu schwachen Herzmuskel.

„Herzunterstützungssysteme wurden entwickelt, um die Wartezeit zur Transplantation zu überbrücken“, erläutert PD Dr. Wolfgang Harringer, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG). „Ein gleichwertiger Ersatz für das komplexe menschliche Herz sind sie nicht“, fügt der Chefarzt der Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie am Städtischen Klinikum Braunschweig hinzu. Denn die Überlebenschancen sind bei einem Herzunterstützungssystem deutlich geringer als nach einer Herzverpflanzung.

Herzchirurgen für Widerspruchslösung bei der Organspende

„Wir brauchen dringend eine gesundheitspolitische Diskussion über den Organmangel und Entscheidungen über geeignete Maßnahmen, diesem Defizit gegenzusteuern“, meint DGCH-Präsident Professor Jörg Fuchs. „Der Mangel hat ein kritisches Niveau erreicht“, betont auch Harringer. „Herzchirurgen können sich deshalb eine Lösung vorstellen, wie sie beispielsweise bereits in den europäischen Nachbarländern Österreich und Spanien realisiert wurde“, ergänzt Fuchs.

In beiden Ländern gilt die Widerspruchsregelung. Sie besagt: Organentnahmen sind möglich, solange der Hirntote selbst zu Lebzeiten nicht widersprochen hat oder Angehörige dies nicht ausdrücklich untersagen. In Deutschland gilt hingegen die sogenannte Entscheidungslösung. Sie sieht vor, dass jeder Mensch sich mit dem Thema Organspende auseinandersetzen und eine selbstbestimmte Entscheidung treffen sollte. Diese kann in einem Organspendeausweis dokumentiert werden. Liegt kein eindeutiger Wille vor, muss die ausdrückliche Zustimmung der Angehörigen eingeholt werden.

Foto: © psdesign1 - Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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