Erblicher Krebs: Wer für einen Gentest in Frage kommt

Genetische Tests zum Krebsrisiko: In Deutschland nur für Menschen mit familiärer Vorbelastung und nach eingehender genetischer Beratung möglich
Mediziner gehen heute davon aus, dass rund ein Prozent aller Krebserkrankungen eine erbliche Ursache haben. Bei manchen Krebsarten ist das Vererbungsrisiko allerdings deutlich höher: Dazu gehören Brustkrebs, Eierstockkrebs und Darmkrebs, hier liegt das Risiko zwischen fünf und zehn Prozent. Trotzdem raten Ärzte den Menschen, Ruhe zu bewahren. Denn selbst wenn Krebs in der Familie gehäuft auftritt, hat nicht jeder gleich einen Gen-Defekt vererbt bekommen wie Angelina Jolie. Bei der Schauspielerin wurde nachgewiesen, dass sie ein mutiertes BRCA1-Gen in sich trägt, das ihr Krebsrisiko erheblich erhöht. Seither sind viele Frauen in Sorge, ob sie auch ein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben. Berliner Gynäkologen und Brustzentren berichten von einer verstärkten Nachfrage nach genetischen Tests. Doch nur einen Bruchteil der Frauen schicken die Frauenärzte tatsächlich an genetische Beratungsstellen weiter.
Das Konsortium „Familiärer Brustkrebs“ der Charité betreut Frauen mit hohem Risiko
„Wer sich auf sein persönliches Krebsrisiko testen lassen will, muss strenge, international gültige Kriterien der familiären Belastung mit Tumorerkrankungen erfüllen“, sagt Prof. Dr. Denise Horn vom Institut für Medizinische Genetik der Charité, das genetische Beratung und Analysen in Berlin anbietet. Die bloße Sorge allein reiche nicht. Zu den strengen Kriterien gehört beispielsweise, dass mindestens zwei enge Verwandte an einer bestimmten Krebsart erkrankt sein müssen, einer davon in jungen Jahren, sprich vor dem 50. Lebensjahr. Außerdem muss in einer molekulargenetischen Analyse des betroffenen Verwandten ein erblicher Gendefekt nachgewiesen werden. Erst bei Vorliegen dieser und weiterer Kriterien ziehen die Genetiker von der Charité einen genetischen Test in Betracht. Allerdings nur nach eingehender Beratung. Denn wie geht eine Frau mit der Nachricht um, dass ihr Brustkrebsrisiko 80 Prozent beträgt und ihr Risiko für Eierstockkrebs 50 Prozent?
„Jedem Test geht eine intensive Beratung voraus und wir räumen den Patienten immer eine Bedenkzeit ein“, betont Denise Horn. „Das Ergebnis kann für die ganze Familie sehr belastend sein.“ Um beispielsweise Frauen mit Verdacht auf ein erblich erhöhtes Brustkrebsrisiko rund um zu betreuen, haben die Charité und andere universitäre Zentren in Deutschland vor 17 Jahren das Konsortium „Familiärer Brustkrebs“ eingerichtet. In dem Konsortium arbeiten das Institut für Genetik, die Radiologie und Gynäkologie eng zusammen. „Wenn Frauen ein positives Testergebnis haben und eine intensivierte Früherkennung brauchen, werden sie dort weiterbetreut und auch beraten“, sagt Genetikerin Horn. Bei manchen Frauen stellt sich allerdings heraus, dass dies gar nicht nötig ist. Zeigt der Test, dass die Frau das mutierte Brustkrebs-Gen ihrer Mutter oder einer anderen nahen Verwandten gar nicht hat, kann das Ergebnis auch sehr entlastend sein.
Ärzte können sich in Berlin zum Thema erblicher Krebs am
19. November fortbilden
Ein genetischer Test wird anhand einer Blutprobe durchgeführt und kostet je nach Krebsart mindestens 1.000 Euro. Wenn, wie bei Brustkrebs das Blut in der Regel auf Mutationen in vier Genen untersucht wird, steigen die Kosten auf rund 3.800 Euro. Die Kassen übernehmen die Kosten nur dann, wenn Patienten die Voraussetzungen (eine entsprechend auffällige Familiengeschichte) für eine genetische Analyse erfüllen.
Niedergelassene Ärzte aller Fachrichtungen sollten die Kriterien und diagnostischen Möglichkeiten gut kennen. Am 19. November können sich Ärzte in Berlin kostenlos zu dem Thema fortbilden. Die Berliner Krebsgesellschaft veranstaltet in ihren Räumen am Robert Koch-Platz 7 in Berlin Mitte von 17.30 bis 20.30 Uhr gemeinsam mit Genetikern und Medizinern der Charité das „Symposium Ärztliches Management bei erblichem Brust- und Dickdarmkrebs“. Die Ärztekammer Berlin vergibt dafür zwei Fortbildungspunkte.
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