
Besonders Frauen im mittleren Alter leiden unter Einsamkeit, jede zweite davon hat Depressionen – Foto: ©Photographee.eu - stock.adobe.com
Menschen sind soziale Wesen. Fühlen sie sich einsam, leidet auch die Psyche und das Risiko für Suizidgedanken nimmt zu. Das ist das zentrale Ergebnis der Gutenberg Gesundheitsstudie der Universität Mainz, in der Daten von rund 15.000 Erwachsenen zwischen 35 und 74 Jahren aus Mainz und Umgebung ausgewertet wurden. Zudem brachte die Studie zu Tage, dass Einsamkeit häufiger vorkommt, als bislang gedacht: Jeder zehnte Teilnehmer litt danach an Gefühlen der Einsamkeit.
Singles im besten Alter leiden häufiger an Einsamkeit als ältere Semester
„Wir wissen, dass der Anteil von Menschen ohne eine feste Partnerschaft in unserer Gesellschaft zunimmt. In unserer aktuellen Studie waren vor allem die Alleinlebenden in den jüngeren Altersgruppen für das Gefühl von Einsamkeit empfänglich“, berichtet Prof. Manfred E. Beutel, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz. Tatsächlich waren in der Studie vor allem Menschen im mittleren Erwachsenenalter von Einsamkeit betroffen. Mit steigendem Lebensalter nahm das Phänomen dagegen ab. Damit stellt die Studie auch die bisher verbreitete Ansicht in Frage, dass ältere Menschen häufiger an Einsamkeit leiden.
„Erwartungsgemäß fühlten sich diejenigen besonders einsam, die allein leben, keinen Partner oder keine Kinder haben“, erzählt Beutel. Insgesamt waren Frauen stärker von Einsamkeit betroffen als Männer. Doch was macht das mit ihnen?
Jeder zweite Einsame leidet an Depressionen
Der Studie zufolge rauchten einsame Menschen mehr, gingen häufiger zum Arzt, nahmen mehr Psychopharmaka ein und befanden sich häufiger in stationärer Behandlung. Unter den Menschen, die extrem unter Einsamkeit litten, hatten mehr als 50 Prozent auch Depressionen und 40 Prozent litten unter allgemeinen Ängsten. Bei 42 Prozent kamen Suizidgedanken hinzu. Von den Menschen, die nicht einsam waren, berichteten dagegen nur sechs Prozent über Selbstmordgedanken.
„Selbst unter statistischer Berücksichtigung des sozioökonomischen Status der Befragten, ihrer Angst und ihrer Depression, war ihre Neigung an Suizid zu denken, immer noch um signifikante 30 Prozent erhöht“, erläutert Studienleiterin Dr. Ana Nanette Tibubos von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz.
Ihr Fazit: „Es gibt zunehmend Studien, die zeigen, dass Einsamkeit auch ein erhöhtes Risiko für körperliche Erkrankungen und Sterblichkeit darstellt. Dennoch wird Einsamkeit oft nicht ernst genommen – weder von den Betroffenen noch von ihrem sozialen Umfeld. Sie birgt unseren Daten zufolge aber ernste Risiken für die seelische Gesundheit, und sie betrifft einen erheblichen Teil der Bevölkerung.“