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Blasenentzündung: Warum Prävention so wichtig ist

Montag, 7. Oktober 2019 – Autor:
Bei Blasenentzündung helfen Antibiotika schnell. Für viele Ärzte und Patienten sind sie deshalb das Mittel der Wahl. Das Risiko für Rückfälle, die Gefahr von Resistenzen und die Nebenwirkungen sind allerdings beachtlich. Experten sagen deshalb – auch wenn es Arbeit macht: Prävention ist hier die beste Medizin.
Frau hält sich Hand an den Bauch und hält eine Teetasse

Nicht abwarten, sondern Tee trinken: Patienten, die zu Blasenentzündung neigen, können durch einen bewussten Lebensstil einer Chronifizierung vorbeugen. – Foto: ©absolutimages - stock.adobe.com

Die Blasenentzündung (Zystitis) gehört zu den am häufigsten auftretenden bakteriell bedingten Infektionen. In den meisten Fällen betroffen sind Frauen. Grund dafür ist die weibliche Anatomie: Darmausgang und Harnröhre liegen hier nahe beieinander. Die eigentlich nützlichen Darmbakterien können leicht in die Blase gelangen und zu Infektionen führen – erst recht, weil die Harnröhre noch dazu deutlich kürzer ist als beim Mann. Die Beschwerden bei Blasenentzündungen können sehr unangenehm sein: Schmerzen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang mit geringen Urinportionen, Blasenkrämpfe. Bei diesen sogenannten unkomplizierten Blasenentzündungen ist die Einnahme von Antibiotika Standardtherapie. Beschwerden lassen sich damit innerhalb von ein bis drei Tagen zuverlässig lindern. Sicher und dauerhaft beseitigt ist das Problem damit aber häufig nicht.

Antibiotika: Helfen schnell, aber schädigen die Darmflora

Antibiotika beseitigen die Entzündung, indem sie die Bakterien abtöten. Die Therapie ist dennoch ein Balanceakt mit ungewissem Ausgang: Je länger sie dauert, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die Infektion zwar beseitigt ist, aber typische Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Probleme oder Pilzinfektionen auftreten. Je kürzer sie ist, desto schonender ist sie für den Körper, aber desto größer die Gefahr, dass die Blasenentzündung wiederkehrt. Dann geht das Spiel möglicherweise von vorne los – auf die Dauer eine immense Strapaze für den Organismus. Als massivste akute Nebenwirkung von Antibiotika gilt, dass sie die Darmflora angreifen, weil sie auch nützliche Keime im Körper bekämpfen. Im „Mikrobiom“ des Darmes aber wirkt ein Großteil des menschlichen Immunsystems.  

Resistenzbildung: Wenn Antibiotika sich selbst unwirksam machen

6,3 Millionen Blasenentzündungen werden in Deutschland jährlich mit Antibiotika behandelt, heißt es im IQVIA Diagnosis Monitor von 2018. Ärzte und Apotheker beobachten, dass Patienten Antibiotika oft nicht korrekt oder lange genug einnehmen. Umgekehrt sagen Kritiker: „Ärzte verschreiben Antibiotika oft zu voreilig. Oder sie verschreiben unspezifische, die zu viele und auch gute Keime töten." In jedem der beiden Fälle können die Folgen aber dieselben sein: Kommen Keime im Körper regelmäßig mit Antibiotika in Kontakt (bei wiederkehrender Blasenentzündung) oder überleben sie die Therapie (etwa wegen zu kurzer oder inkonsequenter Einnahme), lernen sie, sich gegen diesen Medikamententyp zu wappnen: Sie werden „resistent“. „Mittlerweile haben wir nur noch wenige Antibiotika auf dem Markt, die zuverlässig wirken“, sagt Sabine Müller, Apothekerin aus Berlin.

Jede zweite Frau kennt Blasenentzündungen

Schätzungen zufolge leidet jede zweite Frau mindestens einmal im Leben an einer Blasenentzündung – die andere Hälfte dementsprechende öfter. Bei 20 bis 30 Prozent der Patientinnen kommt es sogar innerhalb eines Jahres zu einer Wiederkehr der Infektion (Fachsprache: Rezidiv). Weil die regelmäßige Gabe von Antibiotika aber beim einzelnen Patienten zu Resistenzen führt – das Medikament also im Lauf der Zeit immer unwirksamer gegen Infektionskrankheiten wird – und jedes Mal die Darmflora Monate braucht, um sich regenerieren, raten Experten dazu, alles zu tun, damit die Krankheit gar nicht erst auftritt – oder wieder auftritt.

Apothekerin rät: Vorbeugung macht Arbeit – aber hilft

„Es ist ganz wichtig, darauf zu achten, dass keine Rezidive entstehen und keine Resistenzen“, sagt Apothekerin Müller. Diesen Kreislauf müsse man durchbrechen – durch eine vernünftige Lebensart, die Infektionen von vornherein möglichst vermeiden hilft. „Der eine hat’s am Rücken, der andere an der Blase“, sagt Müller. „Wenn meine Blase dazu neigt, sich zu entzünden, muss ich einfach immer daran denken, dass ich genug trinke und dass ich immer ordentlich die Nieren warm halte und mich zum Beispiel nicht auf kalte Fliesen setze.“ Und: dass man den Intimbereich regelmäßig reinigt und hygienisch hält. „Wenn ich diese paar Ratschläge beachte“, sagt die Apothekerin, „ist die Gefahr, dass man eine Blasenentzündung, schon minimiert.“

Blasenentzündung: Welche Frauen am meisten betroffen sind

Betroffen von Blasenentzündungen können Frauen jedes Alters sein. Sexuell aktive Frauen, weil der nahe an der Scheidenöffnung gelegene Ausgang der Harnröhre beim Sex mechanisch gereizt wird. Junge Frauen, die die Pille nehmen: Hormonelle Verhütungsmittel mit geringem Östrogengehalt können die Blasenschleimhaut austrocknen lassen, mit der Folge, dass sich dort Bakterien leichter ansiedeln. Und schließlich Frauen in oder nach den Wechseljahren: Bei ihnen kann sich die schützende Dichtungshaut der Harnröhre altersbedingt zurückbilden.

Foto: fotolia.com/absolutimages

Hauptkategorie: Medizin
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