AOK will mit Faktenboxen Patienten besser informieren

Faktenboxen der AOK: Orientierung im Gesundheitsdschungel
Wenn es um die eigene Gesundheit geht, ist der Deutsche unterdurchschnittlich kompetent. Das jedenfalls will das Wissenschaftliche Institut der AOK (Wido) in einer Umfrage vor einem Jahr herausgefunden haben. Demnach sind bei fast 60 Prozent der gesetzlich Krankenversicherten die Fähigkeit zur Krankheitsbewältigung und Gesunderhaltung "problematisch" bis "unzureichend" ausgebildet. Mehr als ein Viertel der Versicherten findet es sehr kompliziert, gesundheitsrelevante Infos zu finden; fast ein Drittel hat Schwierigkeiten, entsprechende Medieninformationen zu verstehen. Sogar zwei Drittel haben Probleme dabei, die Vertrauenswürdigkeit der Gesundheitsrisiken einzuschätzen. Und ein Viertel ist kaum in der Lage, Arztinformationen eigenverantwortlich umzusetzen. Soweit die Wido-Umfrage, die genau das zu Tage fördert, was Gerd Gigerenzer schon lange postuliert: „Zu viele Menschen werden angesichts der neuen Medien überredet statt informiert“, sagt der Leiter des Harding-Zentrum für Risiko-Kompetenz am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Nicht selten lassen sie sich auch von diesem Wust an Informationen in die Irre führen.“
Faktenbox will niemanden überreden, sondern informieren
Um den überforderten Patienten im Gesundheitsdschungel einen Kompass an die Hand zu geben, hat die AOK gemeinsam mit Gigerenzers Harding-Zentrum nun eine Informationskampagne gestartet. Die Kasse verspricht Versicherten mehr Gesundheitskompetenz via Faktenboxen im Internet. Wer die Zeit und das Informationsbedürfnis hat, kann sich beispielsweise über den Sinn und Unsinn von Vitamin D und Selen zur Krebsprävention informieren: Vitamin D verhindere weder Krebs noch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, könne aber in Kombination mit Kalzium zu mehr Magen-Darm-Erkrankungen führen, heißt es dort beispielsweise.
„Komplexe Fragen zu Nutzen und Risiken von medizinischen Behandlungen, Früherkennungen oder Nahrungsergänzungsmitteln sollen auf schnelle und kompakte Weise beantwortet werden“, sagte AOK-Vorstand Jürgen Graalmann. Der aktuelle Stand der medizinischen Forschung werde selbstverständlich berücksichtigt.
Kampagne soll bis Jahresende komplett sein
Die Kampagne startet laut AOK-Information mit einer Serie von elf Faktenboxen aus den Bereichen Impfung (Grippe-Impfung für Ältere und chronisch Kranke, Impfung Masern, Mumps und Röteln), Nahrungsergänzungsmittel (Vitamin D und Selen zur Prävention), Individuelle Gesundheitsleistungen (Eierstock-Ultraschall zur Krebsfrüherkennung, Stoßwellentherapie gegen Tennisarm), bildgebende Verfahren (Röntgen bei Rückenschmerzen) und AOK-Leistungen (Kinderkrankengeld und Kieferorthopädische Behandlungen).
Faktenboxen zu bestimmten Arzneimitteln und deren Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sollen bis Ende des Jahres folgen. Dazu Wolf-Dieter Ludwig von der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft: „Faktenboxen wurden entwickelt, um Nutzen und Nebenwirkungen von Impfungen, Früherkennungsmaßnahmen, bildgebenden Verfahren, Nahrungsergänzungsmitteln und natürlich Arzneimitteln unverzerrt und leicht verständlich darzustellen.“ Besonders für neu zugelassene Arzneimittel mit geringem oder nicht nachweisbarem Zusatznutzen seien die Faktenboxen wertvoll, da sie den intensiven Marketingstrategien der pharmazeutischen Unternehmen – häufig verbunden mit Desinformation von Ärzten und Patienten – wirksam entgegenarbeiteten. Mit anderen Worten: Auch Ärzte gehen Interessensgruppen auf den Leim. In den Faktenboxen der AOK gibt’s ab sofort Aufklärung für alle.