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Alzheimer-Erkrankung: Entzündungen spielen fatale Rolle

Samstag, 4. April 2020 – Autor: anvo
Bei der Entwicklung von Alzheimer scheint auch die Immunreaktion im Gehirn eine wichtige Rolle zu spielen. Forscher fanden heraus, dass dabei Entzündungen entstehen, die sich immer weiter selbst anfachen.
Alzheimer, Entzündungen im Gehirn

Bei Alzheimer kommt es zur Ablagerung von Beta-Amyloiden im Gehirn – Foto: ©vegefox.com - stock.adobe.com

Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei Alzheimer Ablagerungen von Amyloid-Beta-Peptiden im Gehirn Nervenzellen schädigen. Zudem scheint das Immunsystem des Gehirns mit Entzündungen auf diese Eiweißstoffe zu reagieren. In letzter Zeit zeigen Studien nun, dass Entzündungen nicht nur eine Begleiterscheinung der Alzheimer-Krankheit sind, sondern auch zum Fortschreiten der Neurodegeneration beitragen.

Diesen Prozess haben Forscher des Universitätsklinikums Bonn jetzt genauer untersucht. Wie sie erklären, übernehmen bei der Immunreaktion im Gehirn Mikroglia-Zellen eine wichtige Funktion, um vermeintliche Fremdkörper abzuwehren. Damit stoßen sie aber einen fatalen Prozess an, der für die Entwicklung von Alzheimer mitverantwortlich sein könnte.

Wie Immun-Botenstoffe aktiviert werden

Kommen die Mikroglia-Zellen mit dem Beta-Amyloid in Kontakt, werden bestimmte Molekül-Komplexe aktiv, die Inflammasomen. Sie ähneln dann einem Rad, an dessen Außenseite Enzyme sitzen. Diese können Immun-Botenstoffe aktivieren und dadurch eine Entzündung auslösen, indem sie weitere Immunzellen zum Ort des Geschehens dirigieren.

Mitunter gehen die Mikroglia-Zellen bei diesem Prozess zugrunde“, erklärt Prof. Dr. Michael Heneka, Arbeitsgruppenleiter am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und Direktor der Klinik für Neurodegenerative Erkrankungen und Gerontopsychiatrie am Universitätsklinikum Bonn. „Sie geben dann aktivierte Inflammasomen in ihre Umgebung ab, die ASC-Specks.“

Dauerhafte Entzündung fördert Alzheimer

Diese freigewordenen Specks übernehmen eine unheilvolle Doppelrolle: Einerseits verbinden sie sich mit den Beta-Amyoloid-Proteinen und erschweren dadurch ihren Abbau. Andererseits aktivieren sie die Inflammasomen in weiteren Mikroglia-Zellen, und zwar weit stärker, als Beta-Amyloid allein es tun würde. Bei diesem Prozess werden immer weitere ASC-Specks frei. Er gießt also gewissermaßen Öl ins Feuer und facht dadurch die Entzündung dauerhaft an. „Ein prinzipiell sinnvoller Immun-Mechanismus wird so zu einem wesentlichen Faktor, der die Entstehung der Alzheimer-Erkrankung fördert“, betont Heneka.

Dass ASC-Specks nach dem Zelltod aktiv bleiben, ist eigentlich erwünscht: Sie können dann nämlich von anderen Immunzellen aufgenommen und weiter genutzt werden. „Diese müssen dann keine eigenen Inflammasomen herstellen und können so beispielsweise schneller auf den bakteriellen Infekt reagieren“, sagt Heneka. Im Gehirn ist dieser Mechanismus aber wenig sinnvoll: Nervenzellen produzieren ständig geringe Mengen Aß. Möglicherweise werden diese Ablagerungen erst in Kombination mit den ASC-Specks zu einer ernsten Gefahr für die Funktion des Gehirns.

Prozesse schon lange vor Ausbruch der Krankheit

Die Wissenschaftler hoffen, dass ein besseres Verständnis dieser Prozesse auch zur Entwicklung neuer Therapie-Ansätze führen könnte. Denn die Ablagerung von Beta-Amyloid beginnt wahrscheinlich Jahrzehnte, bevor erste Krankheitssymptome auftreten. Durch einen frühzeitigen Eingriff lässt sich dieser verhängnisvolle Prozess möglicherweise verlangsamen. „Eventuell ist es so in Zukunft möglich, Alzheimer präventiv zu behandeln, so dass es gar nicht erst zu Beeinträchtigungen der geistigen Leistungsfähigkeit kommt“, hofft Heneka. Die aktuelle Studie ist in der Zeitschrift „Cell Reports“ erschienen.

Foto: © Adobe Stock/vegefox.com

Hauptkategorien: Demografischer Wandel , Medizin
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