Alkohol in Deutschland: zu billig und zu leicht verfügbar

Experten fordern schon seit langem höhere Steuern auf Alkohol
Über eine Million Menschen in Deutschland gelten als alkoholabhängig. Weit mehr noch konsumieren Alkohol im problematischen Ausmaß. Zu den Gründen gehört, dass Alkohol in Deutschland zu billig und zu leicht für Jugendliche zugänglich ist – davon ist zumindest die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) überzeugt. Und durch das regelmäßige Trinken wird nicht nur eine Suchterkrankung begünstigt: Über 200 Krankheiten werden mit einem übermäßigen Alkoholkonsum in Verbindung gebracht, darunter auch Krebs. Wissenschaftler fordern mehr Aufklärung, höhere Steuern und ein Verkaufsverbot an Jugendliche.
Alkohol erhöht Risiko für viele Erkrankungen
Jeder fünfte Deutsche trinkt regelmäßig so viel, dass er sein Risiko für schwere Erkrankungen erhöht. „Schon wer jeden Abend ein Bier trinkt, hat einen riskanten Alkoholkonsum“, sagt Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Medizinischen Klinik III der RWTH Aachen und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Was viele nicht wissen: Alkohol steigert nicht nur das Risiko für Lebererkrankungen, sondern auch für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und mehrere Krebsarten und soll an der Entstehung von mehr als 200 Erkrankungen beteiligt sein.
So haben Männer, die viel trinken, um ein 50 Prozent höheres Risiko für Darmkrebs als diejenigen, die sehr wenig trinken. „Viele Menschen unterschätzen, wie riskant ihr Alkoholkonsum ist“, so Trautwein. „Wir brauchen deshalb noch viel mehr Aufklärung – auch die alkoholproduzierende Industrie sollte dabei in die Pflicht genommen werden, etwa indem Risikohinweise auf alkoholischen Getränken verbindlich werden.“ Die DANK fordert zudem höhere Steuern und ein Verkaufsverbot an Jugendliche unter 18 Jahren.
Steuererhöhungen könnten Alkoholkonsum reduzieren
Im europäischen Vergleich sind die Steuern auf Alkohol in Deutschland relativ niedrig. Höhere Preise und Abgaberegulierungen können ein wirksames Mittel sein, den Alkoholkonsum zu begrenzen, wie Beispiele aus anderen Ländern zeigen. Viele Menschen unterschätzen, wie riskant ihr Alkoholkonsum bereits ist. Ein deutliches Alarmsignal ist, wenn man es nicht mehr schafft, über längere Zeit ganz darauf zu verzichten.
Durchschnittlicher Alkoholkonsum liegt weit über dem empfohlenen Maß
„Auch wenn Alkohol gern als Genussmittel gesehen wird: Chemisch ist es ein Nervengift, das dem Körper in keiner Menge guttut“, sagt Trautwein. "Wir brauchen daher Anreize, möglichst wenig davon zu konsumieren.“ Die Grenze für einen risikoarmen – nicht risikolosen – Alkoholkonsum kann die Wissenschaft beziffern: Frauen sollten nicht mehr als 12 Gramm reinen Alkohol pro Tag trinken, Männer nicht mehr als 24 Gramm, aber an höchstens vier Tagen pro Woche. Diese tägliche Menge entspricht etwa 300 ml Bier oder 100 ml Wein. Doch jeder fünfte Deutsche trinkt laut Drogen- und Suchtbericht 2018 regelmäßig mehr. Der Durchschnitt für Personen ab 15 Jahren liegt bei 11 Liter Reinalkohol im Jahr – das sind pro Tag rund 24 Gramm.
Jugendliche im Wachstum sollten möglichst gar nichts trinken, da Alkohol die Entwicklung beeinträchtigen und beispielsweise zu einem geringeren Hirnvolumen führen kann. „Es ist daher nicht akzeptabel, dass in Deutschland Bier und Wein schon an 16-Jährige verkauft werden darf“, sagt Trautwein. Die Experten der DANK fordern daher eine Altersgrenze von 18 Jahren, sowohl für die Abgabe als auch für den Konsum von Alkohol in der Öffentlichkeit.
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