Zecken gibt es auch auf dem Spielplatz

Zeckenforscher überprüft ein Gebüsch auf einem Spielplatz auf mögliche Zeckenvorkommen. – Foto: Pfizer Deutschland GmbH,
Wenn Outdoor-Freunde in die Berge aufbrechen, in den Wald oder an Flüsse und Seen, haben sie häufig vorsichtshalber eine Zeckenzange oder -karte auf ihrer Reise-Checkliste stehen. Sich abends dann am Körper nach Zecken abzusuchen, ist für viele ein festes Ritual – erst recht, wenn Kinder mit dabei sind. Was viele nicht ahnen: Zecken gibt es auch mitten in der Stadt. Das zeigt eine bundesweite Untersuchung von Spielplätzen in Städten.
Spielplatz-Zecken: Vor allem in Norddeutschland
Für ihre Stichprobe suchten die Experten an verschiedenen Orten im Bundesgebiet Spielplätze auf mögliche Zecken-Populationen hin ab. Fündig wurden sie vor allem in Norddeutschland. Spitzenreiter war ein Spielplatz mitten in Hamburg mit 48 Zecken auf 120 Quadratmetern Fläche. In Schleswig-Holstein fingen sie 16 Zecken, und auch in Bremen (13 Zecken) und Niedersachsen (8 Zecken) kamen die Parasiten auf Spielplätzen vor. In den süddeutschen Bundesländern dagegen entdeckten die Experten wenige Zecken. Ausnahme war ein Spielplatz in Rheinland-Pfalz. Hier wurden 13 der spinnenartigen, blutsaugenden Parasiten entdeckt.
„Ein Zeckenstich kann jeden treffen, der sich draußen aufhält“
„Ein Zeckenstich kann jeden treffen, der sich draußen aufhält, sei es auf der Wiese eines Spielplatzes, im Stadtpark oder im eigenen Garten“, heißt es in einer Verbraucherinformation des Pharmaherstellers Pfizer Deutschland GmbH. „An Zeckenvorsorge sollten daher alle denken, wenn sie sich im Grünen aufhalten – ob in der Stadt oder auf dem Land.“ Denn die Parasiten können vor allem zwei Krankheitserreger übertragen: Borrelien – das sind Bakterien, die die sogenannte Lyme-Borreliose verursachen können; und Viren, die eine sogenannten Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (kurz FSME) auslösen können.
FSME-Risikogebiete aber vor allem in Süddeutschland
FSME ist eine Erkrankung der Hirnhäute und des zentralen Nervensystems. Sie verläuft bei Kindern in der Regel milder als bei Erwachsenen, aber auch bei ihnen kann es zu Langzeitschäden kommen. Insgesamt weist das Robert Koch-Institut (RKI) aktuell 169 Land- und Stadtkreise in Deutschland als FSME-Risikogebiete aus. Hier besteht ein höheres Risiko, sich bei einem Zeckenstich mit diesem Virus anzustecken. Die Stadtstaaten Hamburg und Bremen, wo auf den untersuchten Spielplätzen jeweils Zecken gefunden wurden, sind keine FSME-Risikogebiete; auch sind dem Robert Koch-Institut noch keine FSME-Fälle von dort gemeldet worden. In allen anderen Bundesländern gab es die aber bereits.
FSME: Übertragen durch Viren, Infektion erfolgt sofort
Zwar liegen die meisten FSME-Risikogebiete in der Südhälfte Deutschlands – Bayern und Baden-Württemberg gehören praktisch flächendeckend dazu. Möglicherweise infolge des Klimawandels mit seinen höheren Jahresdurchschnittstemperaturen sind auch immer mehr Land- und Stadtkreise in der Mitte und sogar in nördlichen Bundesländern betroffen. Auch Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt oder das niedersächsische Emsland zählen inzwischen dazu.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die FSME-Impfung allen Menschen, die in einem FSME-Risikogebiet wohnen oder dorthin reisen und vor Ort mit Zecken in Berührung kommen können. „Da infektiöse Zecken das FSME-Virus direkt beim Stich übertragen, schützt auch das schnelle Entfernen einer bereits saugenden Zecke nicht vor einer Infektion“, sagt Zeckenexperte Gerhard Dobler. Der Facharzt aus München ist auch Leiter des Nationalen Konsiliarlabors für FSME und damit für die Abklärung aller fraglichen oder ungewöhnlichen Fälle von FSME bundesweit zuständig.
Borreliose: Erreger bakteriell, Infektion erfolgt nach Stunden
Anders als für FSME braucht es für die Übertragung der zweiten zeckentypischen Infektionskrankheit – der Borreliose – Zeit. „Die Bakterien sitzen im Darm der Zecke und werden meist erst nach circa 12 bis 24 Stunden übertragen“, heißt es beim Bundesverband für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz (BGV). Kein Grund zur Panik also bei einer Zeckenentdeckung – und -entfernung. Trotzdem gilt: Je zügiger man eine Zecke entfernt, desto mehr sinkt freilich das Risiko für eine Borrelien-Infektion.
900 Zeckenarten weltweit
Weltweit existieren etwa 900 Zeckenarten. In Deutschland ist die am häufigsten vorkommende Zeckenart der Gemeine Holzbock aus der Familie der Schildzecken. In der Systematik der Biologie wird die Zecke in die Klasse der Spinnentiere und in die Unterklasse der Milben eingeordnet. Das Robert-Koch-Institut erstellt jedes Jahr eine aktuelle Karte, in der die Gebiete mit einem erhöhten FSME-Infektionsrisiko verzeichnet sind. 2020 sind drei Gebiete neu hinzugekommen, zwei in Sachsen und eins in Thüringen. Offensichtlich bedingt durch den Klimawandel sind Zecken in Deutschland inzwischen praktisch ganzjährig aktiv. Außerdem wandern neue Zeckenarten nach Deutschland ein.
Wo Zecken gerne leben
Die meisten Menschen werden bei Freizeitaktivitäten von Zecken gestochen. Ideale Bedingungen finden Zecken an Waldrändern, auf Lichtungen, an Uferzonen von Bachläufen und Seen – aber eben auch im eigenen Garten oder auf Rasenflächen oder in Gebüschen städtischer Parkanlagen. „Zecken trifft man nicht nur auf Wanderungen oder bei umfangreichen Gartenarbeiten an. Schon beim kurzen Hantieren im Kräuterbeet oder beim Abschneiden von Blumen kann man versehentlich eine Zecke abstreifen und gestochen werden“, warnt der BGV. Zecken lauern sogar auf Fußballplätzen. 2018 untersuchten Wissenschaftler das Zeckenrisiko auf deutschen Sportplätzen, von denen viele von Gras und Büschen umgeben sind. In 14 von 16 Bundesländern wurden sie fündig.