Wissenschaftler plädieren für Maskenpflicht - aus psychologischen Gründen

Maskenpflicht wirkt gesellschaftlicher Polarisierung entgegen
Es hat etwas gedauert, bis sich Experten über den Nutzen von Gesichtsmasken einig waren. Erst seit Ende April ist das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in bestimmten Situationen verpflichtend, zum Beispiel in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften. Seither ist die Maske auch in Deutschland zum Symbol der Corona-Pandemie geworden. Neben Abstandsregeln ist sie eine der wirkungsvollsten Maßnahmen, um Infektionsketten zu unterbrechen.
Dass eine Maskenpflicht besser ist als eine freiwillige Lösung, dafür sprechen nun Daten einer Studie der Universitäten Erfurt und Kopenhagen. Grundlage für die Untersuchung ist die Cosmo-Befragung, die seit Anfang März in Deutschland mit wöchentlich etwa 1.000 Personen durchgeführt wurde. Aus den Befragungen lassen sich Rückschlüsse ziehen, wie verpflichtende und freiwillige Regelungen zum Tragen einer Maske wahrgenommen werden und welche Konsequenzen diese unterschiedlichen Regelungen für das Verhalten haben.
Ein Gebot der Fairness
Nicht sonderlich überraschend ist das Ergebnis, dass die Einführung der Maskenpflicht die Tragebereitschaft erheblich erhöht hat. Die Umfrage zeigt außerdem, dass Personen, die berichteten regelmäßig eine Maske zu tragen, sich auch eher an andere Verhaltensempfehlungen hielten, wie Abstand halten oder Händewaschen. Eine verpflichtende Regelung wurde darüber hinaus als fairer wahrgenommen und führte zu weniger Stigmatisierung. „Ohne Maskenpflicht werden Menschen mit Maske eher als Teil einer Risikogruppe wahrgenommen, also etwa als chronisch krank“, erläutert Studienleiterin Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation an der Universität Erfurt. Das könne negative Folgen für die Maskenträger haben, „indem zum Beispiel der Kontakt mit solchen Personen eher vermieden wird.“
Pflicht ist wie ein sozialer Vertrag
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Personen, die selbst häufig eine Maske tragen, nehmen andere Maskenträger als positiver wahr. „Dieses Ergebnis zeigt uns, dass das Tragen einer Maske einem sozialen Vertrag gleicht. Tragen wir selbst eine Maske, erwarten wir das auch von anderen. Wir sind anderen Maskenträgern gegenüber wohlgesonnen und strafen diejenigen ab, die sich nicht für den Schutz der Gemeinschaft einsetzen“, kommentiert Professor Robert Böhm von der Universität Kopenhagen diesen Befund. Wenn das Tragen einer Maske also freiwillig wäre, könnte dies zu einer zunehmenden Polarisierung in der Gesellschaft führen.
Die Wissenschaftler schlussfolgern aus den Ergebnissen, dass eine Maskenpflicht einer freiwilligen Regelung vorzuziehen ist. Denn eine Verpflichtung erhöhe nicht nur die Tragebereitschaft, sondern führe auch zu mehr Fairness und weniger Stigmatisierung.
„Sollen Masken weiterhin als Maßnahme der Pandemiebekämpfung eingesetzt werden, tun politische Entscheidungsträger gut daran, die aktuelle Maskenpflicht in öffentlichen geschlossenen Räumen aufrechtzuerhalten und hier nicht auf Freiwilligkeit zu setzen“, so Cornelia Betsch.
Die Studie wurde soeben im Fachmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht.
COSMO ist ein Gemeinschaftsprojekt von Universität Erfurt (UE), Robert Koch-Institut (RKI), Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID), Science Media Center (SMC), Bernhard Nocht Institute for Tropical Medicine (BNITM), Yale Institute for Global Health (YIGH).
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