Wie viele Menschen müssen wegen Corona ins Krankenhaus?

Weniger Patienten wegen Corona im Krankenhaus als bislang angenommen. RKI-Statistik differenziert nicht nach Behandlungsgrund
Wie viele Menschen müssen oder mussten eigentlich wegen COVID-19 ins Krankenhaus? Das Robert Koch-Institut (RKI) gibt eine Zahl von zehn Prozent der in Deutschland übermittelten Fälle an. Das würde bedeuten, dass jeder zehnte positiv auf das Coronavirus Getestete so schwer erkrankt, dass er im Krankenhaus behandelt werden muss. Eine Recherche der Wochenzeitung DIE ZEIT hat jetzt ergeben, dass diese Werte viel zu hoch sind. Grund sind Doppeldiagnosen. Das heißt, Patienten kommen aus einem ganz anderen Grund ins Krankenhaus. Corona wird dort mehr oder weniger zufällig festgestellt.
RKI gibt zu hohen Zahlen an
Für die Recherche hatte DIE ZEIT 20 Krankenhäuser nach ihren konkreten Zahlen gefragt. Die Kliniken bestätigten dem Blatt, dass es sich in rund 20 bis 30 Prozent der Fälle um Doppeldiagnosen mit Corona handle. Auch die Barmer-Krankenkasse will die Doppeldiagnosen beobachtet haben. "Wir sehen einen nennenswerten Anteil von Krankenhausfällen, die ursächlich aufgrund einer anderen Erkrankung als Corona behandelt wurden und die dennoch in der Statistik unter 'Corona-Patient' laufen", wird Uwe Repschläger, Finanzleiter der Barmer, zitiert. Seine Aussage bezieht sich auf Daten von 20.000 stationär behandelten Corona-Patienten.
Konfrontiert mit den Rechercheergebnissen, erklärte das RKI, auf Grundlage der Schätzung einzelner Kliniken könne ein evidenzbasiertes Institut keine Bereinigung von Fällen vornehmen. Das harte Kriterium sei ein positiver PCR-Test.
Positiver PCR-Test ist das Kriterium für Corona-Patient
Krankenhäuser testen systematisch alle neuen Patienten auf SARS-COV-2. Positive Befunde werden dann dem RKI übermittelt. So kommt es, dass jeder positiv getestete Patient für die RKI-Statistik ein Corona-Patient ist, auch wenn der Grund für die Einlieferung eine Entbindung oder eine Knieoperation ist. Für die Krankenhäuser selbst sei die Unterscheidung nicht erheblich, schreibt DIE ZEIT: Ein Corona-Patient müsse, ob er nun mit oder wegen Corona behandelt werde, in ein Isolierzimmer verlegt werden. Pfleger und Ärzte müssen sich bei seiner Behandlung besonders schützen. „Politisch aber ist die Zahl der schweren Corona-Verläufe ein wichtiger Indikator.“
Nach den Recherchen der ZEIT-Redakteure gibt das Robert-Koch-Institut auch zu hohe Werte für die Corona-Intensivpatienten an. Der Deutsche Verband der Intensivmediziner (Divi) bestätigte der Zeitung, dass „auf den Intensivstationen zehn Prozent der als Corona-Fälle gemeldeten Patienten wegen einer anderen Ursache behandelt werden.“