
Bei suchtkranken Eltern aufzuwachsen, kann bei Kindern ein lebenslanges Trauma auslösen – Foto: ©spyrakot - stock.adobe.com
In Expertenkreisen werden sie COA genannt: Children of Alcoholics oder Children of Addicts, zu deutsch: Kinder aus Suchtfamilien. Von ihnen gibt es sehr viel mehr, als die meisten Menschen denken. Schätzungen zufolge hat jedes sechste Kind unter 18 Jahren ein süchtiges Elternteil. Meistens handelt es sich dabei um alkoholkranke Eltern: Etwa 2,65 Millionen Kinder erleben eine Alkoholabhängigkeit im Elternhaus. Von einer Drogensucht der Eltern betroffen sind über 40.000 Kinder. Wie viele Kinder mit Eltern aufwachsen, die eine nichtstoffliche Abhängigkeit (Arbeitssucht, Sexsucht, Spielsucht, Online-Sucht) haben, ist unbekannt und kann nicht einmal geschätzt werden.
Schweigen macht alles nur schlimmer
Um welches konkrete Suchtmittel es sich auch immer handelt: Kinder, die in von Sucht betroffenen Familien aufwachsen, leben ständig in einer Atmosphäre von Unsicherheit und Angst. Das prägt ihr ganzes Leben: Viele dieser Kinder entwickeln später selbst eine Suchtkrankheit oder andere psychische Störungen.
Ein großes Problem ist dabei, dass die Kinder ihre Eltern fast immer schützen wollen und über ihr Problem nicht reden. Auch Scham spielt eine Rolle dabei. Doch was kann man tun, wenn man den Verdacht hat, dass Kinder in suchtbelasteten Familien aufwachsen?
Bei Verdacht betroffene Kinder ansprechen
Studien haben gezeigt, dass Kinder, die mit der Sucht ihrer Eltern konfrontiert sind, dennoch eine gesunde psychische Entwicklung durchleben können, wenn sie eine vertrauensvolle Beziehung zu einem anderen Erwachsenen (z.B. Großeltern, Lehrern, Paten etc.) aufbauen können. Die Kinder anzusprechen und sie zu unterstützen, ist also ein wesentlicher Schritt, um sie zu stärken. Für Kinder aus Suchtfamilien ist es besonders wichtig, dass in ihrem sozialen Umfeld Menschen bereitstehen, die ihnen Zeit, Aufmerksamkeit und Zuwendung schenken.
Kindern die Schulgefühle nehmen
Ein weiterer wesentlicher Faktor ist, den Kindern klarzumachen, dass ihre Eltern eine Krankheit haben und dass die Kinder selbst daran keine Schuld haben. Experten empfehlen dabei, besonders folgende entlastende Botschaften zu vermitteln:
- Sucht ist eine Krankheit.
- Du hast sie nicht verursacht.
- Du kannst sie nicht heilen und du kannst sie nicht kontrollieren.
- Du kannst für dich selbst sorgen, z. B. indem du über deine Gefühle mit Erwachsenen sprichst, denen du vertraust.
- Du kannst stolz auf dich sein und dich selbst liebhaben.
Hilfsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche
Mehr Informationen zum Thema Kinder aus suchtbelasteten Familien finden sich auf der Website www.nacoa.de. Auch die Verbände der Sucht-Selbsthilfe (Al-Anon, Blaues Kreuz, Freundeskreise für Suchtkrankenhilfe, Guttempler, Kreuzbund) bieten vielerorts Gruppen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an, die mit suchkranken Eltern aufwachsen oder aufgewachsen sind.
In einigen Fällen kann es auch nötig sein, psychotherapeutische Hilfe zu suchen. Auf der Website der Deutschen Psychotherapeuten Vereinigung sind Therapeuten zu finden, die sich auf Kinder von Alkoholikern spezialisiert haben. Sollte der Verdacht bestehen, dass neben dem Suchtproblem auch die Gefahr des Missbrauchs besteht, sollte nicht gezögert werden, beim Kinderschutz anzurufen. Bei akuter Gefahr muss die Polizei eingeschaltet werden. Auch das örtliche Jugendamt dient als Ansprechpartner – hier kann man sich auch anonym melden und seine Beobachtungen schildern.
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