
Mehr Krisen, mehr Albträume, registrieren Schlafforscher. – Foto: AdobeStock/lassedesignen
In den Fernsehnachrichten ständig Kriegsbilder mit ansehen müssen oder miterleben, wie Staaten in unserer Nähe mit dem Einsatz von Atomwaffen drohen. Im Impfzentrum Schlange stehen und in Ungewissheit darüber sein, wie man die Corona-Impfung vertragen und wie gut sie einen schützen wird. Im Briefkasten die Heizkostenabrechnung vorfinden und nicht wissen, wie man sie bezahlen soll: Die geisterbahnartige Mehrfach-Krise, in der wir leben, verursacht Ängste und Sorgen in vielen von uns. Und weil Seele und Unterbewusstsein die Eindrücke vom Tage in der Nacht verarbeiten, stellen Wissenschaftler sogar fest: Krisen beeinflussen und verändern unsere Träume.
Typische Albträume in der Corona-Pandemie
Wie sich eine harsche Realität in unseren Träumen niederschlagen kann, wurde während der Corona-Pandemie in verschiedenen Studien untersucht. Teilnehmer einer Online-Befragung in Kanada träumten beispielsweise davon, von einem geliebten Menschen getrennt oder selbst krank zu sein, ins Krankenhaus zu kommen, manche von Krankheitserregern oder Ansteckung. In der aktuellen Ausgabe des Gesundheitsmagazins „Apotheken Umschau" zieht Michael Schredl vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim folgende Bilanz der Corona-Zeit: „Die Pandemie hat das Traum-Erleben verschlechtert."
Traumdeutung: Mehr über sich und sein Leben erfahren
Der Mannheimer Traumforscher, der persönlich an Studien zum Traumgeschehen während der Pandemie beteiligt war, sammelt seit mehr als 30 Jahren Träume: Erstens seine eigenen – inzwischen mehr als 17.000; und zweitens die von Personen, die seine Albtraumsprechstunde für Erwachsene aufsuchen oder an seinen Studien teilnehmen. Für den Wissenschaftler stellen Träume eine Bereicherung dar. Denn wer sich mit ihnen beschäftigt, erhält die Chance, mehr über sich und sein Leben zu erfahren und kann entschlüsseln, was wichtig ist oder bedrückt.
„Alles, was man für die Traumdeutung benötigt, ist ein Traumtagebuch und Stift neben dem Bett sowie einen spielerischen Zugang“, schreibt die Apotheken Umschau. „Viele Situationen lassen sich durch die Deutung dann klarer erkennen – und aktiv verändern.“
Quälende Albträume können Suizid-Risiko erhöhen
Manche nächtliche Träume allerdings können dem Bericht zufolge so quälend und leidvoll sein, dass bei depressiven Menschen das Suizid-Risiko steigt. Beim Thema der ausweglosen Situation zum Beispiel versucht man etwas immer wieder, schafft es aber nicht. Das hinterlässt oft ein Gefühl von Hilflosigkeit oder Versagensängsten. „Solche Albträume lassen sich behandeln“, heißt es im größten Kundenmagazin der deutschen Apotheken. „Mithilfe der Methode Imagery Rehearsal Therapy (IRT), auf Deutsch: Vorstellungs-Wiederholungs-Therapie, können solche bedrohlichen Traumszenen umgeschrieben werden, indem ein neuer Schluss gefunden wird. Der Traum endet dann nicht mehr mit dem Gefühl der Ausweglosigkeit, sondern mit einem Happy End."
„Albtraum“: Die Definition der Schlafforscher
In der „Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin“ (DGSM) existiert unter Schredls Leitung eine eigene Arbeitsgruppe, die deutschlandweit die Aktivitäten der Traumforschung koordiniert. Die DGSM definiert einen Albtraum als einen Traum, „der so starke negative Gefühle, zum Beispiel Angst, Ekel, Trauer, Ärger enthält, dass er zum Erwachen führt“. Allerdings gebe es auch belastende Träume ohne direktes Erwachen. Häufig treten Alpträume demnach in der zweiten Nachthälfte auf und beinhalten eine gut erinnerbare Traumhandlung.
Albträume: Die häufigsten Themen und Szenarien
In einer Stichprobe unter Jugendlichen kamen folgende Themen in Albträumen besonders häufig vor (Mehrfachnennungen möglich):
- Verfolgung: 50 Prozent
- Bedrohliches: 20 Prozent
- Verletzung: 20 Prozent
- Tod nahestehender Personen: 20 Prozent
- eigener Tod: 15 Prozent
- Fallen ins Bodenlose: 10 Prozent.
(Quelle: DGSM, Mehrfachnennungen möglich)