
Faszienrollen üben einen hohen Druck auf das Faszien, Muskeln und Gelenke aus. Möglicherweise schadet die Kompression sogar – Foto: ©Printemps - stock.adobe.com
Faszienrollen haben in den letzten Jahren einen regelrechten Hype erlebt: Millionen Menschen nutzen die Massagerollen, um verklebte Faszien und verspannte Muskulatur zu lockern, Schmerzen weg zu massieren, ihrem Körper eine straffere Silhouette zu verleihen und Orangenhaut Lebewohl zu sagen.
Das ist praktisch, weil die Massage ganz ohne Masseur funktioniert. Auch zahlreiche Sport- und Dehnungsübungen lassen sich mit den Massagerollen ausführen. In den Beipackzettels und etlichen Videos sind Anleitungen dafür zu finden. Selbst im Profibereich werden Faszienrollen wie die Blackroll heute eingesetzt, etwa bei Physiotherapeuten und natürlich in Fitness-Studios.
Aber sind Faszienrollen wirklich so gesund, wie Hersteller und Influencer auf Youtube zu wissen meinen? Wissenschaftler der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin (GOTS) haben Faszienrollen nun in einer Studie untersucht. Erstes Fazit ihrer Arbeit: Es gibt viel Hype um die Rollen, jedoch wenig wissenschaftliche Evidenz!
Faszien sind sehr dünn
„Wirkung und Risiken von Faszienrollen sind nicht ausreichend untersucht“, sagt Dr. Christian Baumgart von der Bergischen Universität Wuppertal. Der Sportmediziner hält sogar Gesundheitsschäden für möglich. „Faszien sind sehr dünn, und die Wirkung einer reinen Kompression ist fraglich. Im Gegenteil: Langfristige Folgen und gesundheitliche Risiken könnten mitunter größer sein, wenn das intensive Rollen zum Beispiel Schäden an den Venenklappen verursacht.“ Auch ein negativer Effekt der Kompression von Haut, Unterhaut, Muskeln, faszialen Arealen und Knochen sei denkbar, meint Baumgart, aber bisher noch wenig untersucht.
Im Vergleich mit konventionellen Methoden schneidet die Faszienrolle schlechter ab
Und was weiß man zur Wirkung? In der von Baumgart durchgeführten Studie mussten Studenten unter fachkundiger Anleitung die Massagerollen je zweimal eine Minute pro Muskelgruppe an den Beinen anwenden. Danach mussten die Probanden in die Höhe springen. Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigte keinen Unterschied. Trainierten die Studenten dagegen zehn Minuten auf dem Fahrradergometer, sprangen sie anschließend höher.
Auch bei der Lockerung von Muskeln schnitt das Trainieren mit der Faszienrolle schlechter ab als eine manuelle Therapie. „Ein Therapeut oder Masseur behandelt in der richtigen physiologischen Zugrichtung. Er merkt ob und was da im Inneren eventuell entgegen spannt“, so Baumgart. Deshalb ließen sich die Effekte einer physiotherapeutischer Anwendung nicht auf die der Rolle übertragen. Baumgarts Fazit: „Das Foam Rolling kann keine manuellen Techniken zur Lockerung der Muskulatur ersetzen.“
Ein weiterer Vergleich mit klassischen Dehnmethoden zeigte, dass deren Effekte häufig vergleichbar oder sogar besser sind als die der Faszienrolle, etwa für die (kurzfristige) Steigerung der Beweglichkeit.
Hoher Druck auf die Muskulatur
Verschiedene Rollentypen führen zu unterschiedlichen biomechanischen Belastungen. Auf harten Noppen beispielsweise sind die Spitzendrücke um ein Vielfaches höher. Auch das kann zum Beispiel einen Einfluss auf die Veränderung der Schmerzdruckschwelle haben. Beim Rollen über die Wade oder über den vorderen Oberschenkel haben die Forscher eine Belastung von durchschnittlich 30 Prozent des Körpergewichtes gemessen. Bei Menschen, die sich mit dem Rücken drauf legen und rollen, liegt diese Belastung um ein Vielfaches höher.
Angesichts von Millionen Nutzern und der potenziellen Gesundheitsrisiken, wäre es sinnvoll, die Effekte von Faszienrollen in weiteren Studien zu untersuchen.
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