Wie Diabetes und Parodontitis zusammenhängen

Mundbakterien können Krankheiten wie Diabetes im Körper fördern. Umgekehrt kann Diabetes Parodontitis und Zahnausfall verstärken. – Foto: AdobeStock/Kateryna_Kon
Rund 8,5 Millionen Menschen in Deutschland sind an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Hinzu kommt eine Dunkelziffer von mindestens 2 Millionen Menschen. An Parodontitis leiden rund 35 Millionen. „Biologisch hängen beide Volkskrankheiten zusammen“: Darauf verweisen der Bundesverband der Niedergelassenen Diabetologen (BVND) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) anlässlich des Welt-Diabetes-Tags am 14. November.
Was ist Diabetes? Was ist Parodontitis?
Bei einer Diabetes-Erkrankung ist der Blut-Glucosespiegel chronisch erhöht. Bei Diabetes mellitus unterscheidet die Medizin zwei Typen: Diabetes Typ 1 tritt vorwiegend in der Kindheit oder Jugend auf. Durch eine Autoimmun-Destruktion von Pankreaszellen bei den Betroffenen wird ein Insulinmangel ausgelöst, sodass es zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt. Diabetes Typ 2 hingegen ist eine über die Zeit erworbene Insulinresistenz, die primär eine Konsequenz von Lebensgewohnheiten ist, wie zum Beispiel ungesunde Ernährung, Übergewicht und zu wenig Bewegung. Diabetes Typ 2 ist die verbreitetste Form des Diabetes mellitus.
Eine Parodontitis ist gekennzeichnet durch eine chronische Entzündung des sogenannten Zahnhalteapparates, also den Partien in Mund beziehungsweise Kiefer, in denen die Zähne verankert sind. Verursacht wird Parodontitis durch Bakterien im Zahnbelag.
Zwei Volkskrankheiten, die sich gegenseitig verstärken
Dank Forschung weiß man heute mehr über die engen Verflechtungen zwischen unterschiedlichen Erkrankungen, die man überhaupt nicht vermuten mag. Denn auf den ersten Blick sind sie doch allein für sich, an verschiedenen Orten im Körper, lokalisiert. Studien zeigen: Eine solche bidirektionale – also sich gegenseitig beeinflussende – Beziehung besteht auch zwischen Diabetes und Parodontitis. Zudem existieren diverse immunologische und klinische Ähnlichkeiten zwischen den beiden Erkrankungen.
Bei Diabetikern schreitet den Zahnarzt-Organisationen zufolge eine Parodontitis oft schneller voran, verläuft häufig schwerer und in der Regel verlieren sie dabei auch mehr Zähne als Menschen ohne Diabetes. Diabetiker mit gut eingestellten Blutzuckerwerten wiederum sprechen wesentlich besser auf eine Parodontitis-Behandlung an.
Diabetes und Parodontitis: Ähnliche Risikofaktoren
„Nicht nur biologisch, auch bei den Risikofaktoren beider Erkrankungen gibt es Parallelen“, sagt Nikolaus Scheper, der Vorsitzende des Diabetologen-Verbands. „Das gilt zum Beispiel für einen ungesunden Lebensstil, Stress, Zuckerkonsum, Adipositas, das Rauchen und Alkohol sowie eine genetische Prädisposition.“ Hinzu komme: Beide Erkrankungen entwickelten sich meist unbemerkt und würden oft erst spät erkannt.
Parodontitis fördert neben Diabetes auch Herzinfarkt und Rheuma
„Andererseits können Mikroorganismen, sprich Bakterien, über die Blutgefäße des Zahnfleisches in den Blutkreislauf gelangen, so dass eine Parodontitis mit zahlreichen Erkrankungen des Gesamtorganismus, wie zum Beispiel Diabetes mellitus, Herzinfarkt, Schlaganfall und rheumatoider Arthritis, assoziiert ist“, berichtet Romy Ermler, Vizepräsidentin der Bundes-Zahnärztekammer. Es sei wichtig, Patienten stärker über diese Zusammenhänge zu informieren.
Diabetes und Parodontitis: Krankheiten, die nach interdisziplinär ausgerichteter Behandlung verlangen
Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass chronische Krankheiten in der Bevölkerung zunehmen. Die Wissenschaft rechnet deshalb auch mit einem Zuwachs an Parodontitis- und Diabetes-Erkrankungen. Zahnärzte und Diabetologien fordern: „Deshalb und aufgrund der Wechselwirkungen zwischen den beiden Krankheiten ist eine stärker interdisziplinär ausgerichtete Behandlung gefragt.“