
Schon kleine Kinder wollen trösten, wenn ein Baby weint oder die Mama Schmerzen hat: Das ist Empathie. – Foto: AdobeStock/luckybusiness
Ohne Empathie keine Sympathie, keine Liebesbeziehungen, keine fürsorglichen Eltern, keine sozial kompetenten Chefs, keine motivierten Mitarbeiter, keine guten Pflegekräfte. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, mitzuleiden, mitzufühlen, so als wäre man selbst betroffen, gehört zur psychischen und sozialen Grundausstattung des Menschen. „Wir alle brauchen Empathie“, sagt Birgit Lesch, Diplom-Psychologin bei der AOK. „Denn Empathie ist die Voraussetzung für ein friedliches Miteinander.“ Ohne diese zutiefst menschliche Kompetenz, wären Beziehungen, Teamarbeit und gute Gespräche nicht möglich.
Empathie: Basis für Erfüllung in Leben und Beruf
In der Entwicklungsgeschichte bescherte die Fähigkeit, sich mit anderen zu verbinden, dem Menschen Überlebensvorteile. In der Arbeitswelt gehört Empathie zu den Soft Skills, den sogenannten weichen Fähigkeiten, die neben den Fachkompetenzen förderlich sind – nicht nur in helfenden Berufen: bei der Teamarbeit, bei der Karriere, bei der Kooperation mit Geschäftspartnern. „Empathie ist die Basis für Erfüllung im Leben und Erfolg im Beruf“, sagt Psychologin Lesch. „Nur mit einer gewissen Portion Einfühlungsvermögen können wir Beziehungen aufbauen, eine Partnerschaft eingehen und andere Menschen lieben und verstehen."
Empathielose sind rücksichtslos, mobben, manipulieren
Jemand, der sich empathisch zeigt, gewinnt viele Sympathien. Wer möchte schon im Job mit jemandem zu tun haben, der verantwortungslos handelt, andere manipuliert und mobbt, sich rücksichtslos verhält, ohne Angst oder Reue zu verspüren? So nämlich verhalten sich Psychopathen, denen aufgrund einer Persönlichkeitsstörung das Einfühlungsvermögen fehlt.
Gespür für andere: Wichtig für gesunde Arbeitsatmosphäre
Für Führungskräfte ist es wichtig, nicht nur für Respekt, sondern auch für eine verständnisvolle Atmosphäre zu sorgen. „Empathische Führungskräfte können ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wesentlich besser motivieren", so die AOK-Expertin weiter. „Sich in den anderen hineinzuversetzen, die Perspektive zu wechseln, ist auch die Voraussetzung, um Konflikte im Beruf oder Privatleben zu lösen oder sogar zu vermeiden."
„Empathie lässt sich trainieren wie ein Muskel"
Empathie ist eine große Kunst und zunächst eine natürliche Begabung – die Fähigkeit dazu ist Menschen zum Teil auch in die Wiege gelegt. Aber: Sie kann im Laufe des Lebens wachsen und aktiv entwickelt und verbessert werden. Das beginnt mit den Eltern oder anderen Bezugspersonen, die diese natürliche Anlage des Menschen fördern, indem sie einfühlsam und verständnisvoll mit dem Kind umgehen. Der aufmerksame Kontakt mit vielen weiteren Menschen im Leben lässt die Empathie mitwachsen. „Dass sie sich sogar trainieren lässt wie einen Muskel, hat die Hirnforschung bewiesen“, sagt AOK-Expertin Lesch.
Empathie ohne Abgrenzung: Burnout-Gefahr
Eine besonders starke Begabung zu Empathie für anderen kann im ungünstigen Fall für einen selbst schädlich sein. „Wenn wir nicht mehr gut trennen können zwischen den Gefühlen des anderen und den eigenen und die nötige Distanz verloren geht, kann Empathie auch belasten“, sagt Psychologin Lesch. Ein Beispiel: Wenn etwa eine Pflegeperson das Schicksal eines jeden schwerkranken Patienten zu sehr an sich heranlässt, überwiegen negative Gefühle. Das verursacht Stress bis hin zum Burnout. Kann die Pflegende jedoch in einem zweiten Schritt die Empathie verbinden mit positiven Gefühlen wie Fürsorge, Wärme, Dankbarkeit und einer akzeptierenden Haltung, ist es möglich, eine emotionale Erschöpfung abzuwenden.
Mit andern nachsichtig, zu sich selbst hart
So wichtig Empathie ist, so wichtig ist es, dass bei allen Gefühlen für andere das Gespür für sich selbst und die eigenen Grenzen nicht verloren geht. Und das man sich selbst gegenüber genauso gerecht ist wie anderen gegenüber. „Über all dem Engagement für andere sollten wir nicht vergessen, auch uns selbst gegenüber Empathie entgegenzubringen", sagt Psychologin Lesch und warnt: „Häufig verurteilen wir uns wegen vermeintlicher Fehler, statt nachsichtig mit uns selbst zu sein."
Wie man Empathie trainieren kann
Als gute Trainingsmöglichkeit für Empathie gelten:
- Kontakte zu anderen Menschen pflegen
- aktives, offenes und interessiertes Zuhören mit Raum für das Gegenüber
- Meditation für eine gute Balance außen-innen.
Mit Meditation für gute Balance von Du und Ich
Als besonders hilfreiche Technik zur Förderung von Empathie gilt Meditation. Denn zum einen verbessern Entspannungs- und Konzentrationsübungen die Selbstwahrnehmung. Zudem sind viele meditative Übungen darauf ausgelegt, das Herz zu öffnen, was die Fähigkeit verbessert, auch die Gefühle anderer wahrnehmen zu können. In neurowissenschaftlichen Studien zeigte sich, dass damit eine gesunde Balance zwischen dem Gespür für das Du und das Ich eingeübt – und einem sogenannten empathiebedingten Burnout vorgebeugt werden kann.