Warum Amphetamine so gefährlich sind

Amphetamine können Gehirn, Herz und andere Organe dauerhaft schädigen
In den Notaufnahmen ist es ein Bild, das immer wieder vorkommt: Junge Menschen, die mit schwerster Luftnot eingeliefert werden. Sie müssen künstlich beatmet und mit starken Medikamenten behandelt werden. Die Ärzte stellen dann eine schwere Funktionsstörung des Herzens fest. Eine toxikologische Untersuchung ergibt eine hohe Amphetamindosis im Blut.
„Wir haben in unserer Klinik immer wieder Fälle mit schweren, durch Amphetamine ausgelösten Herzschäden behandelt“, bestätigt Prof. Dr. Heinrich Klues, Chefarzt der Medizinischen Klinik I für Kardiologie und konservative Intensivmedizin am Helios Klinikum Krefeld. Meist sind die Patienten 20 bis 25 Jahre alt. Besonders beliebt sind die Drogen in der Technoszene.
Amphetamine erzeugen künstlichen Stress
Amphetamine, die auch unter den Namen Speed, Crystal oder Glass bekannt sind, werden meist in Pulver- oder Tablettenform geschluckt. In ihrem chemischen Aufbau ähneln sie körpereigenen Botenstoffen, sogenannten Neurotransmittern. Dadurch verdrängen Amphetamine die natürlichen Botenstoffe aus ihren Reservoirs in den Nervenzellen.
Die Folge: Die Neurotransmitter werden unkontrolliert und ungehemmt ausgeschüttet. Auf diese Weise veranlassen Amphetamine ein regelrechtes Feuerwerk an Nervenimpulsen im Gehirn. Die natürlichen Mechanismen der Erregungsweiterleitung werden außer Kraft gesetzt und es kommt zu einem massiven, künstlich erzeugten Stress.
Konsumenten überschätzen ihre Leistungsfähigkeit
Auf den Konsumenten wirken die Drogen aufputschend und leistungssteigernd. Zudem erleben User häufig ein gesteigertes Selbstvertrauen. Hunger- und Durstgefühle sowie Müdigkeit werden unterdrückt, Herzfrequenz und Blutdruck steigen an, die Bronchien erweitern sich, das Atmen fällt leichter. Sogar das Schmerzempfinden ist reduziert.
Aufgrund ihrer leistungssteigernden Wirkung sind Amphetamine auch als Dopingmittel im Leistungssport beliebt. Die Stoffe führen dem Körper jedoch keine Energie zu – stattdessen werden die Energiereserven des Körpers sozusagen „ausgebeutet“. Wird dann die Dosis erhöht, kann es zu gefährlichen Erregungszuständen kommen, die bis zu Krampfanfällen führen können. Auch die Gefahr von Schlaganfällen und Herzinfarkten ist erhöht.
Herzschädigung wird oft erst spät entdeckt
Neben den akuten Folgen können auch die Langzeitfolgen schwerwiegend sein. Häufig kommt es zu Vernarbungen im Herzmuskelgewebe. Mediziner vermuten, dass diese durch den dauerhaften Stresszustand ausgelöst werden.
„Die Wirkung der Amphetamine ist auch deshalb bei jungen Erwachsenen so zerstörerisch, weil sie medizinisch zumeist erst dann auffällig werden, wenn ihr Herz bereits lebensbedrohlich geschädigt ist“, so Klues. Das Problem: In der Altersgruppe, in der Amphetamine meistens genutzt werden, verfügen die Betroffenen in der Regel über große Leistungsreserven und zeigen dadurch erst spät Symptome. Erste Anzeichen einer Herzschädigung werden dann häufig nicht beachtet oder fehlgedeutet.
Eine Besonderheit des chronischen Amphetaminmissbrauchs ist auch die Ausbildung sogenannter Stereotypien, also sich wiederholender Handlungen und Gedanken. Beobachtet wurden auch bleibende Hirnschäden, die sich in Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten niederschlagen. Ebenfalls bekannt ist, dass Amphetamine in hohen Dosen Psychosen auslösen können.
Hohes Suchtpotenzial
Amphetamine haben ein hohes Suchtpotenzial. Laut United Nations Drug Report 2017 sind über 37 Millionen Menschen von Amphetaminen, meist Metamphetamin, abhängig - und wahrscheinlich werden es noch mehr. Experten wie Professor Klues sehen es jedenfalls als „sehr wahrscheinlich, dass die Anzahl der Menschen, die aufgrund ihres Amphetaminkonsums eine schwere Herzschädigung erleiden, nicht nur in den USA, sondern auch in Europa stark zunehmen wird“.
In Anbetracht der Gefährlichkeit der Lifestyle-Drogen mahnt die Deutsche Herzstiftung zu mehr Aufmerksamkeit für die Folgen des Amphetaminkonsums. Sie fordert eine größere Sensibilität im familiären Umfeld und in den Schulen der Jugendlichen, aber auch bei den Ärzten in Praxen und Kliniken. Für Betroffene gibt es neben den Selbsthilfegruppen auch Anlaufstellen wie die Beratungseinrichtugnen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die bundesweite Sucht & Drogen Hotline sowie die Telefonseelsorge.
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