
Wie aus Chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen Krebs entstehen kann: Forscher finden Erklärung und arbeiten an einem neuen Therapieansatz – Foto: © Adobe Stock/ Rasi
Menschen mit einer Chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa haben ein erhöhtes Risiko, auch an Darmkrebs zu erkranken. Bekannt ist, dass die DNA in den Darmschleimhautzellen durch chronische Entzündungsprozesse beschädigt wird. Die DNA-Schäden bewirken, dass ein natürlicher Schutzmechanismus, der Zellen an ungebremster Zellteilung hindert, aufgehoben wird. Nicht bekannt war bislang, was genau diese Schutzmechanismen zum Erliegen bringt.
DNA-Schäden werden nicht mehr repariert
Neue Erkenntnisse dazu konnten jetzt Forscher vom Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) am Universitätsklinikums Schleswig-Holstein gewinnen. Wie die Forscher zeigen konnten, trägt das bekannte CED-Risikogen XBP1 zur Krebsentstehung bei. Dieses Gen entscheidet nämlich, wie eine Darmschleimhautzelle mit entstandenem DNA-Schaden umgeht und sich somit vor der Entstehung von Krebs schützt.
Bei CED-Patienten kommt es aber zu einem Funktionsverlust dieses Gens, was nicht nur die chronische Entzündung verursacht, sondern offenbar auch Darmkrebs. „Fehlt das Gen in den Deckzellen der Darmschleimhaut wird ein wichtiger Reparaturmechanismus des Erbgutes nicht mehr korrekt ausgeführt“, berichtet die Erstautorin Lina Welz vom Exzellenzclusters PMI. Dann komme es zu Schäden an der DNA und zu vermehrter Zellteilung. „Tiere mit einem defekten XBP1 Gen entwickelten einen invasiven Darmkrebs“, so Wels.
Tumorsuppressor p53 in Funktion beeinträchtigt
Wie das Team weiter herausfand, koordiniert das Gen XBP1 außerdem den Tumorsuppressor p53 – ein bereits bekannter molekularer Schalter p53, der die Zelle vor der bösartigen Entartung schützt. p53 gilt als „Wächter des Genoms“ und spielt eine entscheidende Rolle bei der Kontrolle des Zellwachstums. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass XBP1 und p53 gemeinsam über den sogenannten mTOR Signalweg verhindern, dass sich eine geschädigte Darmepithelzelle unkontrolliert vermehrt und damit entarten kann“, sagt PD Dr. Konrad Aden.
Hinweise auf neuen Therapieansatz
Versuche, den mTOR-Signalweg medikamentös zu hemmen, erwiesen sich in der Studie als vielversprechend. Wurden Mäuse und Zellsysteme mit erhöhten DNA-Schäden und defektem XBP1-Gen mit einem spezifischen Hemmstoff des mTOR-Wegs, dem Wirkstoff Rapamycin, behandelt, konnte die vermehrte Zellteilung und die daraus resultierenden Folgeschäden deutlich reduziert werden.
„Obwohl wir schon länger wissen, dass aus chronischen Darmentzündungen Krebs entstehen kann, wissen wir nur relativ wenig über die zugrundeliegenden Prozesse. Unsere Ergebnisse liefern nun eine neue Verknüpfung von Entzündung, gestörter Zellteilung und Reparatur des Erbgutes“, berichtet Seniorautor Professor Philip Rosenstiel. Die Forscher wollen daher in weiteren Studien untersuchen, wie die gezielte Hemmung des mTOR-Signalweges für die Prävention von Darmentzündungen und von Darmkrebs genutzt werden kann.
Die Arbeit wurde soeben im Fachjournal „Gastroenterology“ veröffentlicht.