Studie mit US-Veteranen: Grippeimpfung senkt Risiko für Demenz

Eine retrospektive Studie an 120.000 US-Veteranen zeigt, dass regelmäßige Grippeimpfungen das Demenzrisiko um 12 Prozent reduzieren – Foto: © Adobe Stock/ C Barhorst
Eine große Studie aus den USA zeigt, dass regelmäßige Grippeimpfungen das Risiko für eine Demenz signifikant senken. In der Studie wurden rückblickend die Krankenakten von 120.000 Veteranen ausgewertet. Die ehemalige Militärangehörige waren im Durchschnitt 75 Jahre alt und durften zum Beginn der Studie keine Demenzdiagnose haben.
Die Analyse zeigt: Von denjenigen, die sich regelmäßig gegen Grippe impfen ließen, nämlich mindestens sechs Mal innerhalb von sechseinhalb Jahren, erkrankten 12 Prozent weniger an einer Demenz als die weniger häufig Geimpften oder die komplett ungeimpften. Andere Dinge, die auf das Demenzrisiko Einfluss nehmen, wurden dabei herausgerechnet, etwa Alter, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, Familienstatus sowie Versicherungsstatus. Auch die Häufigkeit der Arztbesuche wurde mitanalysiert, um einen möglichen „Früherkennungsbias“ zu verringern.
12 Prozent weniger Demenzkranke sind eine Ansage
Wie ist die Senkung des Demenzrisikos um zwölf Prozent zu bewerten? „Dieser Effekt ist nicht unerheblich“, sagt Professor Dr. Richard Dodel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Bei jährlich etwa 330.000 Demenz-Neuerkrankungen in Deutschland könnten somit durch regelmäßige Grippeimpfungen fast 40.000 Menschen jährlich vor der Diagnose Demenz bewahrt werden.
Trotzdem interpretiert der Demenzexperte die Ergebnisse mit Vorsicht, da es sich um eine rückblickende Auswertung von Krankendaten handelte. „Solche Assoziationsstudien haben keinen Beweischarakter“, sagt er. So könne der beobachtete positive Effekt von Impfungen auf das Demenzrisiko letztlich auch daran liegen, dass Menschen, die sich regelmäßig impfen lassen, auch sonst gesünder leben und somit ein geringeres Krankheitsrisiko haben.
Das Ergebnis lässt sich auch pathophysiologisch erklären
Doch es gibt weitere Assoziationsstudien, die ebenfalls eine Senkung des Demenzrisikos durch Grippeimpfungen und weiter Impfungen zeigen konnten. Auch experimentelle Tier-Studien haben auf einen Zusammenhang zwischen Impfungen und geringerem Demenzrisiko hingedeutet. In diesen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass sich die Immunzellen des Gehirns (Mikroglia) nach einer Impfung erhöhen und dadurch das Protein Beta-Amyloid vermehr abgebaut wird. Dieses Protein verklumpt bei Alzheimer-Patienten zu Plaques, die mit dem Untergang der Nervenzellen in Verbindung stehen.
Immunzellen des Gehirns werden nach der Impfung aktiv
Mit diesem pathophysiologischen Mechanismus begründen nun auch die Studienautoren ihre Hypothese: Die Impfungen führen demnach zu einem Anstieg der Aktivität von Mikroglia. Sie erkennen krankheitsauslösende Stoffe und Abfallprodukte und bauen sie ab.
Bislang ist das nur eine Hypothese, doch wenn prospektive Studien nun zeigten, dass wiederholte Grippeimpfungen genau diesen Effekt haben und Beta-Amyloid abbauen, „wäre das ein Durchbruch für die Demenztherapie“, so Richard Dodel. Impfungen hätten dann einen erheblichen Zusatznutzen.
Die Studie “Dementia risk following influenza vaccination in a large veteran cohort running head: Influenza vaccination and dementia” ist im August in Journal “Vaccine” erschienen.