
Kinder sind seltener mit dem Coronavirus infiziert, zeigt eine Eltern-Kind-Studie – Foto: ©Victor - stock.adobe.com
Wissenschaftler der Universitätsklinika Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm haben zwischen dem 22. April und dem 15. Mai Paare aus je einem Elternteil und einem Kind (1 -10 Jahre) untersucht. Sie wollten wissen, wie viele zum Test-Zeitpunkt unbemerkt infiziert waren oder bereits Antikörper nach einer überstandenen, aber unbemerkt gebliebenen Corona-Virus-Infektion gebildet hatten.
Die Teilnehmer waren zuvor nicht an COVID-19 erkrankt oder positiv auf SARS-CoV-19 getestet worden. Von allen wurde je ein Nasen-/Rachenabstrich genommen, um eine aktuelle Virusbelastung festzustellen, sowie eine Blutprobe, die mit mindestens zwei verschiedenen Verfahren auf SARS-CoV-2-Antikörper getestet wurde.
Studie: Kinder seltener mit SARS-CoV-2 infiziert
Die Studie wurde vom Land Baden-Württemberg initiiert und finanziert. Acht Wochen nach dem Start liegen nun die vorläufigen Ergebnisse vor: ein Eltern-Kind-Paar unter den circa 5.000 Studienteilnehmern wurde zum Zeitpunkt des Tests positiv auf das Corona-Virus getestet. Bei 45 Erwachsenen und 19 Kindern fanden sich Antikörper gegen SARS-CoV-2.
Die getesteten Kinder waren also seltener - weniger als halb so oft - mit SARS-CoV-2 infiziert als die Erwachsenen. Bei 13 Eltern-Kind-Paaren waren beide infiziert, bei den anderen Infizierten führte die Erkrankung des Elternteils nicht zwingend zur Erkrankung des Kindes und umgekehrt.
Zahl der Personen mit durchgemachter Infektion niedrig
"Zwar gab es Unterschiede zwischen den vier Standorten, aber die Zahl der Personen mit durchgemachter Infektion war an allen vier Standorten niedrig und überall wurden weniger Kinder als Erwachsene positiv getestet", erläuterte Studienleiter Prof. Hans-Georg Kräusslich, Sprecher des Zentrums für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg auf der Regierungspressekonferenz des Landes Baden-Württembergs.
"Zu beachten ist jedoch, dass die Ergebnisse nicht unmittelbar auf die Gesamtbevölkerung übertragbar sind, da die Teilnehmer sich zwecks eines schnellen Studienstarts auf einen Aufruf gemeldet haben und nicht zufällig ausgewählt worden sind", ergänzte er.
Öffnungsschritte von Kitas und Grundschulen verantworten
"Die Daten tragen gemeinsam mit den Ergebnissen anderer Studien aus dem In- und Ausland zur Einschätzung bei, welche Rolle Kinder bei der Ausbreitung der Corona-Pandemie spielen", sagte Prof. Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Ulm.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) betonte: "Die Studie liefert belastbare Daten zum unerkannten Infektionsgeschehen bei Eltern und Kindern zwischen einem und zehn Jahren in Baden-Württemberg. Auf dieser Grundlage können wir weitere Öffnungsschritte von Kindertagesstätten und Grundschulen verantworten."
Widersprüchliche Studienergebnisse zu Kindern
Eine Veröffentlichung der Studie ist in Vorbereitung. Methoden und vorläufige Ergebnisse wurden online veröffentlicht, um Forschenden und der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, die Grundlage der getroffenen Aussagen zu bewerten.
Die bislang international veröffentlichten Studienergebnisse zur SARS-CoV-2-Infektion bei Kindern sind widersprüchlich. In einer Studie aus Island fand sich bei keinem Kind unter zehn Jahren eine Coronavirus-Infektion, während knapp ein Prozent der Erwachsenen positiv getestet wurde.
Aus China gibt es dagegen Berichte, dass Kinder vergleichbar häufig infiziert sind wie Erwachsene, jedoch seltener Symptome entwickeln. Dies führte zu der Befürchtung, dass unerkannte Infektionen von Kindern wichtige Treiber der Ausbreitung sein könnten. Um eine Charité-Studie unter Leitung von Prof. Christian Drosten, wonach Kinder ebenso infektiös sind wie Erwachsene, war unlängst Streit entbrannt. Statistik-Experten übten Methoden-Kritik.
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