
Stress erhöht Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen
Dass schwere psychische Störungen wie Depressionen oder Psychosen zu einer verkürzten Lebenserwartung führen, ist bekannt. Eine Metaanalyse britischer Wissenschaftler konnte nun zeigen, dass auch leichte mentale Störungen, die an sich noch keinen Krankheitswert haben, mit einem erhöhten Sterberisiko verbunden sind. Für die Studie, die im British Medical Journal veröffentlicht wurde, hatten die Forscher Daten von 68.222 Personen aus der Allgemeinbevölkerung ausgewertet.
Die Teilnehmer hatten zu Studienbeginn weder Herz-Kreislauf- noch Krebserkrankungen. Im Durchschnitt waren sie 55 Jahre alt. Während der gesamten Beobachtungszeit von acht Jahren starben 8.365 der Befragten. Dabei zeigte sich, dass Sterberisiko zunahm, je mehr psychische Auffälligkeiten beobachtet worden waren. Bei eher leichteren, noch subklinischen Beschwerden war das Sterberisiko um 16 Prozent erhöht. Bei starken psychischen Symptomen stieg es um 67 Prozent an.
Psychischer Stress beeinflusst das Herz-Kreislauf-System
Dass das Sterberisiko bei hochgradigen psychischen Problemen wie schweren Depressionen oder Angststörungen stark erhöht war, überraschte die Forscher nicht, da diese Erkrankungen ein bekanntes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Suizide sind. Erstaunt zeigten sich die Studienautoren aber über den Anstieg des Sterberisikos bei Menschen mit leichteren psychischen Problemen. Hier handelt es sich um Personen, die in der Regel wegen ihrer Ängste oder Depressionen keine ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Den stärksten Anstieg aufgrund psychischer Probleme zeigten Todesfälle durch "externe" Ursachen. Dazu gehören alle Arten von Unfällen, aber auch Suizide. Das Risiko stieg hier um 23 Prozent bei leichteren Störungen bis 219 Prozent bei schweren psychischen Erkrankungen. Aber auch das Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben, erhöhte sich stark, nämlich um 25 Prozent bei leichten Symptomen bis 72 Prozent bei starken Beschwerden. Nur das Risiko, an Krebs zu sterben, war ausschliesslich bei starken psychischen Symptomen erhöht, und zwar um 29 Prozent.
Verkürzte Lebenserwartung
Bei diesen Zahlen wurde bereits der Einfluss von Alter, Lebensstil und Komorbiditäten herausgerechnet. Daher sind die Zusammenhänge nicht oder nur teilweise dadurch zu erklären, dass die Patienten aufgrund einer bereits vorhandenen körperlichen Erkrankung auch in einer schlechteren seelischen Verfassung waren. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Verkürzung der Lebenserwartung eine direkte Folge von psychischem Stress ist. Bekannt ist, dass Stress kardiovaskuläre Funktionen beeinflusst, die Kortisolproduktion erhöht und die Konzentration von Entzündungsmarkern im Blut erhöht. Die Autoren fordern nun Studien, die überprüfen, ob eine Behandlung subklinischer psychischer Probleme das Sterberisiko senken kann.
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