Schon wenig Alkohol kann dem Gehirn schaden

Ist Alkohol noch gefährlicher als bisher angenommen? – Foto: ©stokkete - stock.adobe.com
24 Gramm Alkohol pro Tag für einen Mann gelten nach Ansicht vieler Mediziner hierzulande als unproblematisch. Das entspricht etwa einem halben Liter Bier oder 0,3 Liter Wein. Für Frauen gilt die Hälfte als risikoarm. Diese These vertritt auch die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Forscher aus Oxford und London widersprechen dem nun. Sie wollen herausgefunden haben, dass schon kleine Mengen Alkohol das Gehirn beeinträchtigen und auf Dauer zu kognitiven und sprachlichen Einbußen führen.
Für ihre Untersuchung hatte das Team um Anya Topiwala von der University of Oxford die Daten von 550 Personen ausgewertet, die im Rahmen der sogenannten Whitehall Studies mehrfach untersucht worden waren. Die Probanden waren im Schnitt 43 Jahre alt und litten nicht unter Alkoholabhängigkeit. Die Forscher verglichen die MRT-Untersuchungen der Probanden sowie die Ergebnisse kognitiver Tests mit den Angaben zum durchschnittlichen Alkoholkonsum der Teilnehmer.
Hirnatrophie bei starken Trinkern besonders ausgeprägt
Wie sich zeigte, hatten die Personen, die vollständig alkoholabstinent lebten, auch noch nach 30 Jahren ähnliche kognitiv-sprachliche Fähigkeiten wie zuvor. Teilnehmer, die geringe, mäßige oder große Mengen an Alkohol tranken, zeigten nach diesem Zeitraum hingegen deutliche Defizite im sprachlichen Bereich. Das Bemerkenswerte: Alle letztgenannten Gruppen lagen am Ende des Studienzeitraums auf einem ähnlichen Niveau bei Wortgedächtnis und lexikalischem Denkvermögen.
Als weiteres Ergebnis stellten die Forscher auch eine Atrophie des Hippocampus bei mäßigem und starkem Alkoholkonsum fest. Probanden, die mehr als 240 Gramm Alkohol pro Woche tranken und damit als starke Trinker gelten, hatten dabei allerdings das größte Risiko für einen Verlust von Nervenzellen im Hippocampus.
Moderater Alkoholkonsum nicht gesundheitsfördernd
Einen kausalen Zusammenhang kann die Studie allerdings nicht beweisen, wie auch die Autoren zugeben. So sei nicht ganz klar, ob die Atrophie im Hippocampus bei einigen Teilnehmern schon früher dagewesen war und den starken Alkoholkonsum erst ausgelöst hat. Auch gaben die Forscher zu bedenken, dass die Auswahl ihrer Teilnehmer nicht absolut repräsentativ für die Durchschnittsbevölkerung gewesen sei. So seien beispielsweise zu wenig Frauen einbezogen worden. Andere Faktoren wie BMI, Ernährung oder Bildungsgrad, die das Ergebnis ebenfalls hätten beeinflussen können, waren allerdings in der Statistik berücksichtigt worden.
Trotz dieser Unsicherheiten kann die Studie jedoch zu denken geben. Neuropsychiater Killian Welch vom Royal Edinburgh Hospital erklärte in einem Kommentar zu Studie, mit den Ergebnissen werde es in Zukunft schwieriger, moderates Trinken zu verteidigen oder sogar als gesundheitsfördernd zu bezeichnen.
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