Ritalin: Verordnungszahlen regional sehr unterschiedlich

Bei ADHS wird häufig der Wirkstoff Methylphenidat verordnet – Foto: ©Zerbor - stock.adobe.com
Von der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) sind nicht nur Kinder betroffen. Auch Erwachsene können darunter leiden. Ähnlich wie bei Kindern wird das Syndrom auch bei Erwachsenen häufig mit dem Wirkstoff Methylphenidat, der beispielsweise in dem Medikament Ritalin vorhanden ist, behandelt. Nun hat eine Auswertung von Arzneimitteldaten der Techniker Krankenkasse (TK) ergeben, dass die Verschreibungszahlen regional große Unterschiede aufweisen. Demnach werden in Berlin junge Erwachsene besonders häufig mit Ritalin und ähnlichen Medikamenten behandelt.
Berlin und Bremen bei Verordnungen auf den ersten Plätzen
Für die Analyse wurden Routinedaten aus dem Jahr 2016 von TK-Versicherten im Alter von 18 bis 30 Jahren mit einer gesicherten ADHS-Diagnose ausgewertet. Wie sich zeigte, wurden in allen Bundesländern deutlich weniger als die Hälfte der Betroffenen mit Arzneimitteln behandelt. „Das ist in jedem Fall ein positives Zeichen und zeigt, dass meist auf schonendere Therapieformen zurückgegriffen wird“, so Dr. Edda Würdemann, Apothekerin im Fachbereich Arzneimittel bei der TK.
Doch bei den Verordnungen zeigen sich regional große Differenzen. Mit 39,2 Prozent der an ADHS erkrankten jungen Erwachsenen, die ein Medikament mit dem Wirkstoff Methylphenidat erhielten, belegt Berlin bundesweit den zweiten Rang. Davor liegt nur noch Bremen mit 42,3 Prozent. Den geringsten Wert verzeichnet Mecklenburg-Vorpommern; hier stellen Ärzte nur knapp einem Viertel (24,7 Prozent) der Betroffenen eine Ritalin-Verordnung aus. In Brandenburg erhalten 30,3 Prozent der Betroffenen ein entsprechendes Rezept.
Ritalin sollte nur durch Spezialisten verordnet werden
Der Analyse zufolge sind die Verordnungen von Ritalin und Co. für junge Erwachsene in Berlin und Brandenburg in den vergangenen fünf Jahren auf gleichbleibend hohem Niveau geblieben. „ADHS kann zu Einschränkungen im alltäglichen Leben führen, die Patienten finden aber vielseitige Hilfen. Ein möglicher Medikamenteneinsatz zur Behandlung muss in jedem Fall durch einen Spezialisten abgewogen und überprüft werden“, erklärt Susanne Hertzer, TK-Chefin in Berlin und Brandenburg.
Methylphenidat darf nur bei gesicherter Diagnose und im Rahmen einer umfassenden Untersuchung verschrieben werden. Nicht jeder Arzt hat die Befugnis, den Wirkstoff zu verordnen. Er darf nur durch einen entsprechenden Spezialisten für Verhaltensstörungen verschrieben werden. Laut der Datenauswertung erfolgten zehn Prozent der Verordnungen in Deutschland jedoch von Ärzten, die eigentlich nicht dazu befugt sind. „Ich kann mir nicht erklären, warum zum Beispiel ein Chirurg dieses Medikament verordnet“, sagt Tim Steimle, Fachbereichsleiter für Arzneimittel bei der TK. Lediglich im ländlichen Raum sei dies verständlich, wenn ein Facharzt nicht direkt zur Verfügung steht und ein Kollege die Folgeverordnung ausstellt.
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