Neue Genetische Disposition für Schizophrenie entdeckt

Bestimmte Genmutationen erhöhen das Risiko für Schizophrenie. Eine alleinige Erklärung sind sie jedoch nicht
Schizophrenie setzt meist im frühen Erwachsenenalter ein. Rund ein Prozent der Weltbevölkerung erkrankt an der psychischen Störung, die mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen einhergehen kann. Über die genauen Ursachen und Auslöser der Erkrankung ist bislang nur wenig bekannt. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg haben nun bei Schizophrenie-Patienten zehn bislang unbekannte Genveränderungen entdeckt. Die Mutationen betreffen ein Gen, das den Bauplan für ein Gerüstprotein, das so genannte SHANK2-Protein, liefert. Das Protein spielt bei der Signalweitergabe zwischen Nervenzellen eine wichtige Rolle .
In der Studie hatten die Heidelberger Wissenschaftler 481 Schizophrenie-Patienten mit 659 gesunden Kontrollpersonen verglichen. Die nun entdeckten Veränderungen kamen ausschließlich bei Patienten vor, nicht bei gesunden Kontrollpersonen. „Diese zehn Genvarianten stellen Risikofaktoren für eine schizophrene Erkrankung dar“, sagt Professor Gudrun Rappold, Direktorin der Abteilung Molekulare Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg, und ergänzt: „Mutationen, die bei gesunden Menschen nicht zu finden sind, könnten direkte Auswirkungen auf die Erkrankung haben.“
Protein SHANK2 ist auch bei Autismus verändert
Das Protein SHANK2 ist der Wissenschaft bereits im Zusammenhang mit autistischen Störungen und geistiger Behinderung bekannt. Bereits vor fünf Jahren haben die Heidelberger Wissenschaftler bei betroffenen Patienten verschiedene Veränderungen an dem Protein nachgewiesen, die sich allerdings von den jetzt bei Schizophrenie gefundenen Mutationen unterscheiden. „Offensichtlich beeinflusst die genaue Art der Veränderung, welche neuropsychiatrische Erkrankung entsteht und wie stark die Symptome ausgeprägt sind“, vermutet Rappold. Ihrer Ansicht nach können Veränderungen in ein und demselben Gen können zu ganz unterschiedlichen neurobiologischen Erkrankungen wie Autismus und Schizophrenie oder zu geistiger Behinderung führen. Experimente an Gehirnzellen haben gezeigt, dass die Mutationen an dem Gen den Vernetzungsgrad bestimmter Bereiche der Nervenzellen, den so genannten Synapsen, in unterschiedlichem Ausmaß beeinträchtigen. Damit ist auch die Signalweiterleitung zwischen den Nervenzellen gestört.
Neben Risikofaktoren scheinen auch Umwelteinflüsse Schizophrenie zu begünstigen
Rappold zufolge sind Genveränderungen alleine noch keine hinreichende Erklärung, warum Schizophrenie entsteht. Es handle sich lediglich um Risikofaktoren. „Die Erkrankung setzt wahrscheinlich erst dann ein, wenn noch weitere Faktoren, wie zum Beispiel bestimmte Umwelteinflüsse, hinzukommen“, sagt sie.
Inzwischen sind mehrere Gene bekannt, die mit Schizophrenie in Verbindung gebracht werden. Warum die Fahndung nach den genetischen Hintergründen so wichtig ist, erläutert Humgenetikerin Rappold: Wenn bekannt ist, welche molekularen Abläufe im Gehirn gestört sind, können Wissenschaftler gezielter neue Therapieansätze erforschen. Die Ergebnisse der Studie sind aktuell in der renommierten Fachzeitschrift „Molecular Psychiatry“ erschienen.
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