Neue Erkenntnisse zu Nierenfunktion und Blutdruckwerten im Alter

Im Alter gelten andere Maßstäbe für Nierenfunktion und Blutdruckwerte
In der Berliner Initiative Studie (BIS) der Charité werden ältere Menschen seit zehn Jahren sprichwörtlich auf Herz und Nieren geprüft. Das Resultat sind unter anderem zwei Formeln, mit denen Ärzte besser die Nierenfunktion bei älteren Menschen abschätzen können. Das ist zum Beispiel für die Gabe und Dosierung von Medikamenten wichtig. Denn wenn die Nieren einen Wirkstoff nicht mehr schnell genug ausscheiden können, droht eine Überdosierung, was schwerwiegende Folgen haben kann.
Nierenfunktion bei Älteren bislang überschätzt
Bislang gab es zwar schon Formeln zur Abschätzung der Nierenfunktion. Die waren allerdings anhand der Daten jüngerer Menschen entwickelt worden. Im Alter nimmt die Nierenleistung jedoch ab. In der Berliner Initiative Studie konnte das Team um Prof. Dr. Elke Schäffner zeigen, dass die Nierenleistung, die sogenannte glomeruläre Filtrationsrate, damit überschätzt wurde. „Das bedeutet, dass Ärzte aufgrund der ungenauen Schätzwerte möglicherweise eine Medikamentendosis festsetzen, die für die Patienten eigentlich zu hoch ist“, erläutert Schäffner.
Zwei Formeln online verfügbar
Deshalb haben die Wissenschaftler 2012 eine neue Berechnungsmethode speziell für ältere Menschen ab 70 Jahren entwickelt. Die BIS1- bzw. BIS2-Formeln können Ärzte heute kostenfrei über einen Online-Rechner nutzen. Auch eine Reihe von Laboren benutzen die beiden Formeln. Die Daten werden nun weiter analysiert, um beispielsweise herauszufinden, wie sich im Alter die Abnahme der Nierenfunktion über die Zeit verhält und wodurch sie beeinflusst wird.
In der Berliner Initiative Studie werden mehr als 2.000 Menschen ab 70 Jahren aus Berlin und Brandenburg mehrere Jahre lang in regelmäßigen Abständen eingehend untersucht. Das Durchschnittsalter liegt bei 80 Jahren.
In Sachen Nierenfunktion fanden die Forscher außerdem heraus, dass bei etwa jedem zweiten Studienteilnehmer die Nieren nur noch eingeschränkt arbeiten. Die Studie liefert aber noch viele weitere wertvolle Erkenntnisse zum Gesundheitszustand und den Lebensgewohnheiten älterer Menschen: Ein Fünftel der Studienteilnehmenden gab an, täglich Alkohol zu trinken. Die Hälfte der Befragten hatte in ihrem Leben geraucht oder rauchte noch immer. Je ein Viertel der Personen war übergewichtig, hatte Krebs und/oder Diabetes.
Zu starke Blutdrucksenkung erhöht Sterblichkeit
Besonders aufschlussreich sind die Erkenntnisse zum Blutdruck von älteren Menschen. Über die Zielwerte wird ja seit Jahren gestritten. Zunächst zeigt die Studie, dass knapp 80 Prozent der Probanden blutdrucksenkende Mittel einnehmen.
Die Forscher schauten sich diese Gruppe genauer an und stellten fest, dass eine Blutdrucksenkung unter 140/90 mmHg nicht für alle sinnvoll ist: Bei Menschen, die bereits einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt hatten oder älter als 80 Jahre sind, steigt das Sterberisiko sogar an.
Foto: AOK Mediendienst