
Botenstoffe aus der Muskulatur: Myokine lindern rheumatische Beschwerden. Möglicherweise schützen sie auch vor Depressionen
Sport kommt in der Medizin eine immer größere Bedeutung zu. Eine aktuelle Meta-Anlayse bestätigt nun die Vermutung, dass sportlich aktive Menschen seltener an Depressionen erkranken. Nach der Auswertung von 49 prospektiven Studien kommen die Autoren zu dem Schluss: Körperliche Aktivität senkt das Risiko für Depressionen und hat einen protektiven Effekt – unabhängig von Alter und Herkunft. In die Studien waren 266.939 Menschen aus fünf Kontinenten eingeschlossen, davon 47 Prozent Männer. Die Ergebnisse sind soeben im „American Journal of Psychiatry“ erschienen.
Schutzschild vor Depressionen
Während die Metastudie den präventiven Effekt unterstreicht, sagt sie nichts darüber aus, inwieweit Depressionen mit Sport therapiert werden können. Die Frage ist seit langem umstritten. Neue Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung besagen indes, dass Sport durchaus therapeutische Effekte hat. Eine Studie eines arabisch-ägyptischen Forscherteams hatte gezeigt, dass körperliche Aktivität nicht nur depressives Verhalten von Ratten linderte, sondern es wurden auch strukturelle Veränderungen am Hippocampus nachgewiesen.
Myokine – von den Muskeln ins Gehirn?
Die positive Wirkung erklären die Forscher durch die vermehrte Freisetzung von Botenstoffen im Gehirn, die sich positiv auf die Stimmung auswirken. Myokine könnten in diesem Geschehen eine entscheidende Rolle spielen. Diese Botenstoffe werden bei Muskelkontraktion und Bewegung von der Muskulatur ausgeschüttet und sind nichts anderes als Zytokine, die unter anderem Entzündungen entgegenwirken, Ein Zusammenhang zwischen Entzündungen und Depressionen wird schon lange vermutet.
Wegen ihres antientzündlichen Effekts sind Myokine - und hier insbesondere der Muskelbotenstoff Irisin - vor allem ins Blickfeld der Rheumaforschung geraten.
Sport bei Rheuma fast so gut wie ein Medikament
Auf dem Kongress des Berufsverbandes Deutscher Rheumatologen wurden unlängst mehrere Studien vorgestellt, die den anti-rheumatischen Effekt auf molekularer und klinischer Ebene belegen. „Wir wissen heute, dass körperliche Aktivität eine direkte und indirekte anti-inflammatorische Wirkung hat und den Teufelskreislauf des chronischen Entzündungsgeschehens durchbrechen kann“, sagte Prof. Dr. Philipp Sewerin vom Universitätsklinikum Düsseldorf. Demnach verbesserte Sport nachweislich rheumatische Entzündungswerte und Läsionen an den Gelenken; obendrein führte Sport zu einem besseren Therapieoutcome und mehr Lebensqualität der Patienten.
Aufgrund der inzwischen eindeutigen Studienlage soll körperliche Aktivität in den neuen Leitlinien zur rheumatischen Arthritis (RA) eine größere Bedeutung zukommen als bislang. „Die Empfehlungen werden konkretisiert“, erklärte Rheumaexperte Sewerin.
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