Medizinstudium in Osteuropa: Kein NC, aber hohe Studiengebühren

Medizin studieren ohne einen NC von 1,0: An vielen Unis in Osteuropa ist das möglich – Foto: © Adobe Stock/ NDABCREATIVITY
Mit einem Abi-Durchschnitt von 1,8 müssen junge Leute entweder sehr lange auf einen Medizinstudienplatz in Deutschland warten. Oder sie gehen ins Ausland, um dort zu studieren. Das Statistische Bundesamt verzeichnet für Jahr 2021 mehr als 9.000 deutsche Medizinstudierende an ausländischen Hochschulen. Zu den fünf nachgefragtesten Ländern zählen dabei neben Österreich etwa Ungarn, Polen, Litauen und Tschechien. Aber auch Rumänien und Bulgarien sind bei deutschen Studenten beliebt.
Das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) hat nun die Studienangebote von 43 Universitäten in zehn Ländern in Ost- und Südosteuropa unter die Lupe genommen. Dabei zeigte sich, dass die Hochschulen zusätzlich Medizinstudiengänge ausschließlich für internationale Studieninteressierte anbieten. In vier Fällen sogar in deutscher Sprache.
Numerus Clausus nicht so wichtig
Doch das dürfte nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium sein. Nur jede zweite Hochschule legt demnach auf einen Numerus Clausus (NC) wert. Andere Zulassungskriterien wie Sprachkenntnisse, Motivationsschreiben oder mündliche und schriftliche Tests fallen dagegen stärker ins Gewicht. In Deutschland spielt der NC Spielt für das Medizinstudium in Deutschland dagegen eine Schlüsselrolle.
„Es ist davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der deutschen Medizinstudierenden im Ausland den Weg aufgrund geringer Bewerbungschancen für Studienplätze in Deutschland wählt“, sagt Studienautor Gero Federkeil vom Centrum für Hochschulentwicklung.
Studiengebühren ab 10.000 Euro aufwärts
Für den begehrten Medizinstudienplatz müssen die Studierenden allerdings meist tief in die Tasche greifen. An 70 Prozent der befragten Hochschulen, für die Angaben zu den Studiengebühren vorliegen, belaufen sich die Studiengebühren auf mindestens 10.000 Euro pro Jahr. An mehr als jeder fünften sind sogar rund 15.000 Euro jährlich fällig.
Im Gegenzug bieten die Unis den Studierenden auch eine bessere Betreuung. Kommen an medizinischen Fakultäten Deutschland auf eine Lehrkraft 15,1 Studierende, sind es in den ost- bzw. südosteuropäischen Hochschulen lediglich 11,8 Studierende. Zudem konnten die Studienautoren "kleine Lerngruppen, häufig problembasiertes Lernen und den Einsatz innovativer Prüfungsmethoden" ermitteln.
Dennoch existieren weiterhin Vorurteile, wonach Medizinstudiengänge an südosteuropäischen Universitäten nicht demselben Qualitätsstandard unterliegen wie in Deutschland. „Auch wenn keine systematischen Daten zur Qualität der Studiengänge vorliegen, zeigt unsere Analyse doch einige Anhaltspunkte, die gegen solche Vorurteile sprechen“, bilanziert Gero Federkeil.
Deutschland zeigt offenbar wenig Interesse an den künftigen Ärzten
Was die Studienautoren vielmehr hinterfragen, ist das geringe Interesse Deutschlands an seinen Auslandsstudierenden. So haben Anfragen bei den entsprechenden Behörden ergeben, dass es überwiegend keine Kenntnis darüber gibt, ob deutsche Studierende nach ihrem Medizinstudium im Ausland als Arzt bzw. Ärztin nach Deutschland zurückkehren.
„Abgesehen von einzelnen regionalen Kooperationsprojekten mit ausländischen Hochschulen scheinen sich weder Bildungs- noch Gesundheitspolitik für diese Studierendengruppe zu interessieren“ stellt Gero Federkeil fest. Insbesondere mit Blick auf den prognostizierten Ärztemangel wären systematische Informationen über den Studienerfolg und Verbleib der Absolventinnen und Absolventen sehr hilfreich.