
Ob Hormonspiralen Angststörungen auslösen können, ist Gegenstand einer aktuellen Untersuchung – Foto: ©fancytapis - stock.adobe.com
Levonorgestrelhaltige Hormonspiralen stehen im Verdacht, psychische Störungen auslösen zu können. Konkret geht es um die Spiralen Mirena, Jaydess und Kyleena des Pharma-Unternehmens Bayer. Sie sollen einer Studie zufolge dazu führen, dass die Trägerinnen bei Stress übermäßig viel Cortisol ausschütten und dass ihre Herzfrequenz stärker steigt als bei Verhütung mit der Antibabypille oder bei Frauen, die gar nicht verhüten. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) prüft nun, ob die bisherigen Angaben zu psychiatrischen Nebenwirkungen in der Packungsbeilage aktualisiert werden müssen.
Verstärkte Ausschüttung von Cortisol
Depressionen und depressive Stimmungen sind bereits als häufige Nebenwirkung in den Produktinformationen der betroffenen Spiralen angegeben. Offenbar können sie jedoch auch Ängste, Schlafstörungen und innere Unruhe hervorrufen. Nach Angaben des Magazins „Der Spiegel“ finden sich in der Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen allein für Mirena mehr als 270 gemeldete Verdachtsfälle von Nervosität, Panikattacken, Schlaflosigkeit, Aggressionen, Depressionen und verminderter Libido.
Zudem hat nun eine aktuelle Studie von Steven Kushner, Professor für neurobiologische Psychiatrie am Erasmus University Medical Center in Rotterdam, gezeigt, dass Frauen, die eine Hormonspirale tragen, in Stresssituationen häufig besonders große Mengen des Stresshormons Cortisol ausschütten. Das könnte einen Zusammenhang mit stressbedingten Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen erklären.
Kausalität schwer zu beweisen
Nach Meinung von Studienautor Kushner zeigen seine Untersuchungen ganz klar, dass „levonorgestrelhaltige Hormonspiralen nicht nur lokal in der Gebärmutter wirken“, wie es von Bayer behauptet wird. Nach Ansicht anderer Experten ist eine direkte Kausalität zwischen der Anwendung der Hormonspirale und psychischen Störungen jedoch schwer zu beweisen. So erklärt Vanadin Seifert-Klauss, Sektionsbeirat der Sektion Reproduktionsbiologie der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE): „Ob die gestagenhaltigen Spiralen die Ursache für die höhere Stressantwort sind, ist aus den Daten nicht ableitbar, da lediglich eine Querschnittsuntersuchung und kein longitudinaler Verlauf untersucht wurde.“
Die Beobachtungsstudie berücksichtige nicht die Gründe, aus denen Patientinnen sich für die Hormonspirale entschieden haben, so Seifert-Klauss. Denn häufig seien es Frauen mit verstärkten Menstruationsblutungen, die sich von der Spirale eine Verbesserung ihrer Beschwerden erhoffen. Ursache für starke Blutungen sei wiederum in vielen Fällen eine Östrogendominanz, die unter anderem Folge eines stressbedingten Ausbleibens der Ovulation sein könne. Ob die Produktzettel zu levonorgestrelhaltigen Hormonspiralen nun korrigiert werden müssen, soll sich nach Angaben der EMA in den nächsten Wochen entscheiden. In den USA haben bereits mehrere tausend Mirena-Anwenderinnen Klagen eingereicht.
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