Lüftungsanlage zum selber Basteln entfernt 90 Prozent der Aerosole im Raum

Frische Luft in Mainzer Klassenzimmer: Eine einfache Anlage entfernt 90 Prozent potenziell Corona-haltiger Aerosole aus der Raumluft
Warme Luft steigt nach oben. Dieses physikalische Gesetz haben sich Forscher Max-Planck-Institut (MPI) für Chemie zu Nutze gemacht, um potenziell Corona-haltige Aerosole aus der Raumluft zu entfernen. Das Ergebnis ist eine einfache Anlage, die sich mit Materialien für rund 200 Euro aus dem Baumarkt nachbauen lässt.
Laut einer Mitteilung des MPI für Chemie werden mit der einfachen Anlage 90 Prozent der Aerosoloe aus einem Raum ausgeleitet. Installiert ist die Konstruktion bereits in Klassenzimmern einer Mainzer Gesamtschule, wo die Frau des Erfinders als Lehrerin unterrichtet.
Aerosole werden über jedem Tisch "eingesammelt"
So sieht die Konstruktion aus: Über jedem Tisch hängt in Deckenhöhe ein breiter Schirm, der mit einem Rohr verbunden ist. Alle Rohre führen in ein zentrales Rohr, das wiederum durch ein gekipptes Fenster nach draußen führt. Ein Ventilator am Ende des Rohrs sorgt dafür, dass die Luft aktiv nach außen transportiert wird. Fertig.
„Jeder Mensch produziert warme Luft, die nach oben steigt. Richtet man diesen Luftstrom nach draußen, nimmt er Aerosolpartikel und mögliche Coronaviren mit sich“, erklärt der Erfinder der Anlage Frank Helleis vom MPI das clevere Prinzip. „Unsere Messungen haben gezeigt, dass das Abluftsystem mit den Hauben über 90 Prozent der Aerosole kontinuierlich entfernt“, sagt Helleis. Zwar funktioniere die simple Anlage auch ohne die trichterförmigen Hauben über den einzelnen Tischen, diese sammelten die Aerosole dort aber gezielt ein. „Das haben wir mit Aerosolspektrometern und künstlich erzeugten Aerosolen nachgewiesen“, so Helleis.
Anlage in Mainzer Klassenraum installiert
Den ersten Prototypen haben Helleis und seine Kollegen bereits im Sommer in einem Klassenraum der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim montiert. Seither ist die Anlage dort im Dauereinsatz. „Es hörte sich so einfach und überzeugend an, dass wir uns sofort entschlossen haben, mitzumachen“, sagt Roland Wollowski, Schulleiter an der Integrierten Gesamtschule Mainz-Bretzenheim. In den kommenden Wochen will er nun möglichst viele Klassenzimmer mit der Lüftungsanlage ausstatten Der Schulträger, die Stadt Mainz, unterstützt ihn dabei. Ob die Anlage auch an anderen Schulen in Rheinland-Pfalz eingesetzt werden kann, diskutieren derzeit Mitarbeiter des Bildungsministeriums Rheinland-Pfalz, die die Funktionalität der Konstruktion bereits vor Ort geprüft haben.
Die Anlage lässt sich prinzipiell in jedem Raum installieren, der über eine Steckdose und ein kippbares Fenster oder Oberlicht verfügt. Helleis sieht die Anlage wegen der geringen Material- und Betriebskosten als eine clevere Alternative zum Stoßlüften und teuren Filteranlagen.
Bauanleitung demnächst im Netz
Derzeit braucht es noch etwas handwerkliches Geschick, da die Einzelteile individuell zusammengebaut und montiert werden müssen. Dazu erstellen Frank Helleis und seine Kollegen eine Bauanleitung, um die Eingangshürde für den Nachbau möglichst gering zu halten. Diese werden sie in Kürze auf die Webseite des Max-Planck-Instituts für Chemie stellen. Bereits jetzt gibt es dort ein Kontaktformular, über das Interessierte die Anleitung kostenfrei bestellen können (LINK). Die Mainzer Forscher stehen zudem in Kontakt mit Unternehmen, die einzelne Formteile für die Konstruktion fertigen könnten – das würde den Nachbau noch leichter machen.
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