Langzeitarbeitslosigkeit: Oft erschweren psychische Erkrankungen die Jobsuche

Psychosoziales Coaching hilft bei der Jobsuche. – Foto: Jeanette Dietl - Fotolia
Psychische Erkrankungen treten bei Arbeitslosen deutlich häufiger auf als bei Erwerbstätigen. Die Arbeitslosigkeit wird meistens als schwere Belastung erlebt, die zu starkem Stress führt und sogar Depressionen und andere gesundheitliche Störungen hervorrufen kann. Doch die Krankheiten sind oft nicht nur die Folge, sondern können auch die Ursache der Arbeitslosigkeit sein. Das stellt die Vermittlungsfachkräfte in Arbeitsagenturen und Jobcentern vor große Herausforderungen.
Seit 2011 wird in Leipzig das Modellprojekt „Psychosoziales Coaching“ des Jobcenters und der Medizinischen Fakultät erprobt. Ziel des Interventionsprogramms ist es, nicht oder nicht optimal behandelte psychische Erkrankungen bei älteren Langzeitarbeitslosen zu erkennen und den Betroffenen Hilfe zu vermitteln. Das Pilotprojekt hat gezeigt, dass 66 Prozent der älteren Langzeitarbeitslosen an psychischen Erkrankungen leiden, die bisher nicht erkannt oder nicht leitliniengerecht behandelt wurden. Diese Störungen sind häufig die Hauptursache für die Arbeitslosigkeit und verhindern die Reintegration in den Arbeitsmarkt.
Psychische Erkrankungen häufige Ursache von Arbeitslosigkeit
„Viele glauben, dass Langzeitarbeitslose durch die Arbeitslosigkeit psychisch erkranken“, erläutert Professor Ulrich Hegerl, Projektleiter und Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. „Häufig besteht eher ein umgekehrter Zusammenhang: Depressionen, aber auch andere psychische Erkrankungen führen zu Arbeitslosigkeit und erschweren den Weg zurück in die Arbeit. Hier setzen wir mit dem Psychosozialen Coaching an: Wir sorgen dafür, dass die psychischen Erkrankungen gut behandelt werden und steigern damit die Chancen für den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben.“
Im Rahmen des Projekts werden unter anderem Vermittlungsfachkräfte in den Jobcentern von Mitarbeitern des Projekts daraufhin geschult, Hinweise auf psychische Erkrankungen zu erkennen. Betroffenen wird eine freiwillige Teilnahme am „Psychosozialen Coaching“ angeboten. Dort erhalten sie Informationen zu ihrer Erkrankung und eine Beratung zu Behandlungsmöglichkeiten. Zudem gibt es die Möglichkeit an Gruppenprogrammen, beispielsweise zum Stressabbau, teilzunehmen.
Modellprojekt Psychosoziales Coaching zeigt Erfolge
852 Klienten wurden bisher im Modellprojekt beraten. Davon wiesen 560 mindestens eine psychische Erkrankung auf. Von diesen psychisch erkrankten Klienten wurden bis dahin lediglich 35, also sechs Prozent, adäquat behandelt. 94 Prozent erhielten keine oder eine unzureichende Behandlung. In der Einzelberatung bekamen die Betroffenen Behandlungsempfehlungen und wurden bei der Suche nach einem Behandlungsplatz begleitet. Eine fachärztliche und/oder psychotherapeutische Behandlung wurde 329 Klienten empfohlen, die bisher nicht oder nicht ausreichend behandelt wurden. Beratungsstellen wurden 85 Klienten und sonstige psychosoziale oder medizinische Versorgungsangebote 76 Klienten empfohlen.
24 Prozent der Teilnehmer haben inzwischen wieder eine sozialversicherungspflichtige Arbeit aufgenommen, was eine unerwartet hohe Rate darstellt. „Das Psychosoziale Coaching ist damit ein wirkungsvoller Baustein, der Barrieren für die Vermittlung in den Arbeitsmarkt abbaut“, so Hegerl. Das Projekt soll nun auf andere Regionen Deutschlands übertragen werden.
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