Krebstherapie während Corona-Pandemie: Das raten Experten

Eine Krebserkrankung an sich bedeutet vermutlich kein erhöhtes Risiko für eine Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder eine Covid-19-Erkrankung. – Foto: ©artegorov3@gmail - stock.adobe.com
Eine Krebserkrankung alleine bedeutet schon einen großen Einschnitt in das Leben und führt oft zu Verunsicherung und Ängsten. In Zeiten der Corona-Pandemie gilt dies für Betroffene verstärkt. Zwar gehören nicht alle Krebspatienten per se zur Risikogruppe. Doch bestimmte Therapien können das Immunsystem beeinträchtigen und damit auch das Risiko für einen Covid-19-Erkrankung bzw. einen schweren Verlauf derselben erhöhen. Gesundheitsstadt Berlin hat Informationen der Fachgesellschaften zum Thema „Krebs und Corona“ zusammengetragen.
Pauschale Empfehlungen gibt es nicht
Grundsätzlich gilt: Pauschale Ratschläge für Krebspatienten in der Corona-Krise sind nicht möglich. Die Verläufe und Therapieverfahren bei Krebs unterscheiden sich stark. Daher benötigt auch in der aktuellen Krisensituation jeder Patient eine Behandlung, die auf die individuelle Situation zugeschnitten ist.
„Es gibt bei Krebs manchmal Erkrankungssituationen, in denen kein schnelles Handeln erforderlich ist. In anderen Fällen ist eine dringende Behandlung geboten, um Heilungschancen nicht zu gefährden“, sagt Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums, und ergänzt: „In wieder anderen Fällen muss die Behandlung aufgrund einer besonderen Infektionsgefährdung von Patienten individuell angepasst werden. Pauschale Empfehlungen lassen sich daher nicht geben.“
Nicht alle Krebspatienten haben erhöhtes Risiko
Wie der Krebsinformationsdienst des DKFZ mitteilt, gibt es bislang nur wenige Erkenntnisse dazu, wie Krebspatienten auf einen Kontakt mit dem Coronavirus reagieren. Experten der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) gehen jedoch davon aus, dass vor allem Krebspatienten mit einem geschwächten Immunsystem und Personen, bei denen zeitgleich weitere Infektionen der oberen Luftwege auftreten, ein erhöhtes Risiko für eine Covid-19-Erkrankung haben. Demnach sind Krebspatienten mit einer gut beherrschten Erkrankung oder nach erfolgreich abgeschlossener Erstbehandlung (vorausgesetzt, sie zählen nicht aus anderen Gründen zur Risikogruppe) nicht stärker gefährdet als andere Menschen, bei einer Ansteckung mit SARS-CoV-2 einen schweren Krankheitsverlauf zu haben.
Ein erhöhtes Risiko haben hingegen Krebspatienten, wenn sie
- zusätzlich eine Vorerkrankung haben; dazu gehören bestimmte Lungen- und Herzerkrankungen, Diabetes mellitus, chronische Lebererkrankungen und Erkrankungen, die das Immunsystem schwächen,
- Krebsmedikamente bekommen, die das Immunsystem schwächen (Immunsuppressiva),
- über 50 Jahre alt sind
- und/oder rauchen.
Nicht alle Zytostatika sind stark immunsuppressiv
Nicht jede Krebstherapie bedeutet jedoch eine starke Schwächung des Immunsystems, so das DFFZ auf seiner Website. Sind Patienten unsicher, sollten sie ihren Arzt fragen, wie dieser aktuell ihre Infektabwehr einschätzt und ob sie ein Krebsmedikament bekommen, dass immunsuppressiv ist.
Einige Zytostatika regeln das Immunsystem stark herunter, zum Beispiel Cyclophosphamid oder Vinblastin, andere weniger, wie die Taxane Paclitaxel und Docetaxel. Auch die Dosis einer Chemotherapie bestimmt mit, wie stark das Immunsystem geschwächt wird. Intensive Chemotherapien, wie sie beispielsweise für Patienten im Rahmen einer Blutstammzelltransplantation und bei akuten Leukämien eingesetzt werden, beeinflussen die Infektabwehr besonders stark.
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie (DGHO) empfiehlt Patienten, eine geplante Krebstherapie auch wähend der Corona-Pandemie nicht grundsätzlich zu verschieben. Ärzte werden bei jedem Patienten den Nutzen der Krebstherapie gegen den möglichen Schaden abwägen, so die DGHO. Eine wirksame Krebsbehandlung sei dabei in der Regel wichtiger als Unterbrechungen der Therapie aufgrund zu großer Vorsicht.
Über Änderungen des Therapieregimes nachdenken
Allerdings kann es durchaus möglich und angebracht sein, bei einer gut beherrschbaren Krebserkrankung die Therapie zu verschieben oder die Therapiereihenfolge zu verändern. So sei es beispielsweise beim Prostatakarzinom möglich, eine medikamentöse Hormontherapie vorzuschalten und den Tumor erst später zu bestrahlen, so die die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).
Die veränderte Therapiereihenfolge führe nicht zu Überlebenseinbußen und könne in der jetzigen Situation sinnvoll sein, damit die Patienten seltener zur Behandlung gehen müssen. Eine zweite Möglichkeit ist, das sogenannte Fraktionierungsschema zu ändern: Statt häufiger mit geringeren Dosen zu bestrahlen, könne die Strahlentherapie auch mit weniger Sitzungen, aber höheren Dosen erfolgen. Denn bei der Tumorbekämpfung kommt es am Ende auf die verabreichte Gesamtdosis an.
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