Krankenstand in Deutschland so hoch wie nie

Neuer Spitzenwert bei den Krankschreibungen. Als Ursachen nennt die Techniker Krankenkasse (TK) eine sehr ausgeprägte Erkältungs- und Grippewelle. Die hochansteckende Omikron-Variante habe diesen Effekt verstärkt, wenn auch nur geringfügig. – Foto: Fotolia/M.Schuppich
Seit der Wiedervereinigung zeigte der Trend beim Krankenstand in Deutschland nach unten – von ein paar kurzfristigen Ausschlägen nach oben einmal abgesehen. Den absoluten Tiefststand seit 1991 erreichten an Krankschreibungen im Jahr 2007. Im Anschluss kletterten die Werte moderat nach oben und pendelten sich seit 2016 im Mittelfeld ein. Doch jetzt, im ersten Quartal 2022, schossen die Wert steil nach oben. Die Techniker Krankenkasse (TK) meldet ein Allzeithoch. „Mit 5,27 Prozent war der Krankenstand der TK-versicherten Erwerbstätigen in Deutschland im ersten Quartal 2022 so hoch wie in keinem anderen ersten Quartal jemals zuvor", heißt es in einer aktuellen Vorab-Auswertung des TK-Gesundheitsreports.
„Techniker“: Größte deutsche Krankenkasse
Zwar fußt die Auswertung nur auf Daten der Versichertenfamilie der TK. Allerdings können aus den jetzt vorgelegten Zahlen und Trends Rückschlüsse auf die Gemeinschaft der gesetzlich Versicherten in Deutschland insgesamt gezogen werden, denn: Die TK ist mit aktuell 10,9 Millionen Versicherten die größte gesetzliche Krankenkasse in Deutschland, gefolgt der Barmer mit 8,7 und der DAK Gesundheit mit 5,5 Millionen Versicherten.
TK-Chef: „Erkältungswelle hat uns voll erwischt“
„Hauptgrund für den massiven Anstieg im ersten Quartal war eine sehr ausgeprägte Erkältungs- und Grippewelle. Die hochansteckende Omikron-Variante hat diesen Effekt noch verstärkt", erklärt Jens Baas, der Vorstandsvorsitzende der TK, den aktuellen Trend. „Nachdem im zweiten Coronajahr die Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wegen der Abstands- und Hygieneregeln sehr stark zurückgegangen waren, hat uns die Erkältungswelle dieses Frühjahr voll erwischt."
Omikron-Variante: Nur geringer Einfluss auf Gesamtkrankenstand
Auch wenn die Omikron-Variante des Coronavirus die Fehlzeiten im vergangenen Winter mit nach oben getrieben hat: „Insgesamt betrachtet haben die Krankschreibungen aufgrund einer nachgewiesenen Covid-19-Infektion mit 79.393 Fällen und 916.282 Fehltagen im ersten Quartal nach wie vor nur einen geringen Anteil am Gesamtkrankenstand ausgemacht“, so die Zwischenbilanz der TK. Zum Vergleich: Insgesamt gab es bei den TK-versicherten Erwerbstätigen im ersten Quartal über alle Diagnosen hinweg 2.071.787 Krankschreibungsfälle mit 27.473.691 Fehltagen.
Selbst in der Pandemie: Phasen mit sinkendem Krankenstand
Erst im Februar hatte die TK für das abgelaufene Gesamtjahr 2021 den niedrigsten Krankenstand seit acht Jahren vermeldet – und dies trotz Corona-Pandemie. Selbst im Laufe der Corona-Pandemie gingen die Fehlzeiten in Deutschland zeitweise zurück. So registrierte etwa die AOK im Mai 2020 sinkende Zahlen – obwohl Krankschreibungen pandemiebedingt zu diesem Zeitpunkt telefonisch und damit leichter möglich waren. Gleichzeitig stieg bei den AOK-versicherten Erwerbstätigen, die wegen psychischer Probleme im Betrieb fehlten, allerdings die durchschnittliche Dauer der Erkrankung an. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) für die Monate Januar bis August 2020. Diese Entwicklungen stehen laut AOK vermutlich im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie.
Dank Corona-Regeln: Grippewelle fiel zweimal aus
Insgesamt fehlten Arbeitnehmer in den Monaten Mai bis August des ersten Pandemiejahrs 2020 deutlich seltener krankheitsbedingt in ihren Betrieben als im Vorjahr. In den vergangenen beiden Wintern meldeten verschiedene Krankenkassen sogar, dass dank der Corona-Hygiene-Maßnahmen die übliche Grippewelle regelrecht „ausgefallen“ sei.