Könnte Typhus-Impfstoff gegen Multiple Sklerose helfen?

Bei MS wird die Schutzhülle der Nervenzellen im Gehirn angegriffen und so die Signalweiterleitung gestört – Foto: ©dani3315 - stock.adobe.com
Ein Impfstoff gegen Typhus könnte sich für die Behandlung der Multiplen Sklerose eignen. Das fanden Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz und des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Transregio Sonderforschungsbereichs 128 heraus. Der Wirkstoff unterbricht Signalwege, die die Autoimmunerkrankung kennzeichnen.
Gegenwärtig ist MS nicht heilbar. Auf therapeutischem Wege lassen sich lediglich die Symptome lindern. Die Forscher suchten nun einem Ansatzpunkt für eine mögliche Behandlung. Sie stellten fest, dass bei MS-Patienten auf der Oberfläche von Th17-Zellen, einer Untergruppe der für die Abwehr zuständigen T-Zellen, die Proteine Prohibitin 1 und 2 hochreguliert sind.
Helferzellen koordinieren Autoimmunreaktionen
Th17- Zellen sind Helferzellen, die dafür sorgen, Bakterien und Pilze zu beseitigen. Sie produzieren Interleukin-17 (IL-17), einen Botenstoff des Immunsystems, und koordinieren Autoimmunreaktionen. "Diese verstärkte Oberflächenexpression der Prohibitine 1 und 2 ging mit einer gleichermaßen hohen Aktivität der MAP Kinase CRAF und der nachgeschalteten MAP Kinase Signalweiterleitung einher", erläutert Prof. Frauke Zipp, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Neurologie.
Es kommt zu einer mehrstufigen Signalkaskade, die grundlegende biologische Prozesse reguliert, wie beispielsweise das Zellwachstum. In vielen Tumorerkrankungen sind Bestandteile dieses Signalweges verändert, was unter anderem ein verstärktes Wachstum von Tumorzellen begünstigen kann. Die Mainzer Wissenschaftler wollten nun herausfinden, ob und wie sich die Interaktion zwischen Prohibitin und CRAF verhindern lässt. Im Rahmen ihrer Studie verwendeten sie den von der WHO zur Behandlung von Typhus zugelassenen Impfstoff Vi Polysaccharid.
Könnte Typhus-Impfstoff gegen Multiple Sklerose helfen?
Dieser Wirkstoff unterbricht die Interaktion zwischen CRAF und Prohibitin, verringerte die Aktivität von CRAF in den behandelten Zellen und drosselte die Produktion von IL-17. "In weiterführenden Untersuchungen konnten wir zeigen, dass die Anzahl anti-entzündlicher regulatorischer T-Zellen anstieg und sich dadurch die Intensität der MS deutlich verringern ließ", so der Zellbiologe Prof. Krishnaraj Rajalingam.
Nach dem Test des Typhus-Impfstoffs als mögliche Therapie der Multiplen Sklerose sollen die Erkenntnisse auch auf andere Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise die rheumatoide Arthritis übertragen werden, sagt der Inhaber einer Heisenberg Professur für Zellbiologie und Fellow des Gutenberg Forschungskollegs der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Die aktuelle Studie wurde im Fachmagazin EMBO Journal veröffentlicht.
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