
Diäten können zu ernsthaften Essstörungen führen
Bundesweit bringen 67 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen zu viel Gewicht auf die Waage. Ein Vergleich zum Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung macht deutlich, dass fettleibige Menschen immer dicker werden. Jeder fünfte Erwachsene ist demnach sogar stark übergewichtig, also adipös.
Esstörungen durch Diät?
Diäten können das Problem Übergewicht aber meist nicht lösen. In der Regel kommen die verlorenen Pfunde schnell wieder zurück. Dann steht häufig die nächste Diät an. Die Gefahr für den so genannten Jo-Jo-Effekt - einem Kreislauf aus Hungern, Kontrollverlust, Heißhungerattacken, Essanfällen, neuer Diät und wieder Hungern – steigt. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) warnt sogar, dass Diäten zu ernsthaften Essstörungen führen können. „Regelmäßige oder unkontrollierte Diäten können in eine ernsthafte Erkrankung wie Bulimie oder Binge Eating münden“, erklärt Prof. Dr. Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Vor allem junge Menschen seien gefährdet. Bei jedem dritten Mädchen zwischen 14 und 17 Jahren gebe es Hinweise auf essgestörtes Verhalten, bei den Jungen sind 13,5 Prozent auffällig. Beim Binge Eating etwa stopfen Menschen unkontrolliert Essen in sich hinein. Im Gegensatz zu Patienten mit Bulimie erbrechen „Binge-Eater“ aber nicht und nehmen keine Abführmittel.
Binge Eating – eine Essstörung der Überflussgesellschaft
Auch der Freiburger Sportmediziner Dr. Michael Lehmann warnt anlässlich des Anti-Diät-Tags vor einem verbreiteten Schlankheitswahn. „Selbstkasteiung durch Diäten ist meist nicht nur sinnlos, sondern auch riskant", so der Sportmediziner. Diäten seien ein sicherer Weg in die Fettsucht. Lehmann rät neben einer ausgewogenen Ernährung zum Fahrradfahren. „Radfahren regt den Stoffwechsel an", sagt der Mediziner, „und eigne sich gerade für übergewichtige Menschen. Da das Fahrrad das Körpergewicht trage, würden die Gelenke entlastet. Grundsätzlich gelte: Wer mehr Kalorien verbrennt als aufnimmt, nimmt ab. „Wenn diese Energiebilanz stimmt, ist keine Diät notwendig." Doch wer lieber gemütlich auf dem Sofa sitzt und knabbert, wird kaum zu einer Fahrradtour zu bewegen sein. Und auch bei langfristigen Ernährungsumstellungen hapert es häufig an der Compliance.
Menschen essen langfristig das, was ihnen am besten schmeckt
„Ernährungskonzepte zur langfristigen Gewichtskontrolle wurden in zahlreichen Studien entwickelt, scheitern aber bisher bei der Mehrheit der Menschen in der Praxis“, sagt Professor Dr. med. Andreas F. H. Pfeiffer, Leiter der Abteilung für Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) Potsdam-Rehbrücke und Leiter der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung der Charité. „Menschen essen langfristig das, was ihnen am besten schmeckt und es ist außerordentlich schwierig, Ernährungsmuster zu verändern“, so Professor Pfeiffer. Denn geschmacklich attraktiv seien für viele Menschen insbesondere fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel, die sehr energiereich sind.
Um der Zunahme von Adipositas und der damit verbundenen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen entgegen zu wirken, müssten gesündere, energieärmere Nahrungsmittel entwickelt werden, die zugleich sättigen. meint Professor Pfeiffer. „Diese wären sowohl für Patienten mit Zuckerstoffwechselstörungen als auch für Gesunde von Vorteil." Beispiele seien die Entwicklung von Nudeln, Suppen, Brot und Backwaren sowie Snacks, die einen höheren Anteil an pflanzlichen Eiweißen und unlöslichen, nicht fermentierbaren Ballaststoffen enthalten.
Mehrere Studien haben gezeigt, dass eine Ernährung, die eher wenig und pflanzliches Fett, mageres und pflanzliches Eiweiß, viel Gemüse und insgesamt einen niedrigen glykämischen Index aufweist, am erfolgreichsten einen dauerhaften Gewichtsverlust unterstützen kann.
U.Herbert/pixelio.de