
Neurodermitis ist bei Kindern eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und kann die Lebensqualität stark einschränken. Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter lässt das Problem bei vielen nach. – Foto: AdobeStock/symbols
Rote Flecken, trockene Haut, teils unerträglicher Juckreiz: Rund jedes zehnte Kind in Deutschland unter 15 Jahren ist von Neurodermitis betroffen. Das geht aus dem Neurodermitis-Report hervor, den die Techniker Krankenkasse (TK) gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und der Universität Bremen veröffentlicht hat. Demnach leiden 9,4 Prozent der Kinder bis 15 Jahre unter dieser Hauterkrankung. Bei den 15- bis 20-Jährigen liegt der Anteil mit 5,5 Prozent zwar schon spürbar darunter. Trotzdem sind dem Report zufolge unterm Strich etwa 1,4 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland von Neurodermitis betroffen.
Neurodermitis: Eine der häufigsten chronischen Erkrankungen
„Neurodermitis ist bei Kindern eine der häufigsten chronischen Erkrankungen und kann die Lebensqualität stark einschränken. Das ist nicht nur für die Kinder sehr belastend, sondern auch für die Eltern", sagt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Deshalb ist es besonders wichtig, dass die Krankheit früh erkannt und entsprechend behandelt wird." Matthias Augustin, Facharzt für Hauterkrankungen am UKE und Mitherausgeber des Reports, betont: „Viele Betroffene verzweifeln zunächst bei der Diagnose Neurodermitis. Ärztinnen und Ärzte sind da gefragt, die Krankheit genau zu erklären und Ängste zu nehmen. Denn es gibt mittlerweile gute Therapiemöglichkeiten, die die Beschwerden lindern."
Jeder Dritte bekommt Kortisonsalbe
Beim Blick auf die medikamentöse Behandlung erhielten Versicherte mit einer Neurodermitis, am häufigsten Arzneimittel mit Kortison. Der Auswertung zufolge bekam mehr als jeder Dritte eine kortisonhaltige Salbe verschrieben, etwa jeder Zehnte Kortisontabletten. Mit Kortison richtig umzugehen, sei bei der Therapie ein entscheidender Faktor, sagt Facharzt Augustin: „Tabletten sind eine Notfallmaßnahme, eine Creme kann etwas länger angewendet werden. Als Basistherapie ist es jedoch sehr wichtig, die Schutzfunktion der Haut mit wirkstofffreien Cremes zu stärken."
Schwere Fälle: Medikamentenpreise explodieren
Der Report zeigt zudem den Bedarf an hochwirksamen Medikamenten für schwere Neurodermitis-Formen auf. „Es ist wichtig, dass es gute, neue Medikamente für Betroffene gibt. Wir sehen aber auch hier, wie in anderen Bereichen, dass die Kosten für die Versichertengemeinschaft geradezu explodieren“, sagt TK-Vorstandschef Baas und kritisiert die von der Pharmaindustrie verlangten Preise: „Die Jahrestherapiekosten für neue Medikamente liegen mittlerweile im fünfstelligen Bereich und haben sich damit in kurzer Zeit fast verzehnfacht", sagt Baas. „Hier ist die Politik gefragt, dass wir mit neuen Regelungen zu einer gerechteren Preisfindung für neue Medikamente kommen."
Erwachsene Frauen leiden häufiger an Neurodermitis
Der aktuelle Report zeigt, dass mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter auch die Häufigkeit von Neurodermitis zurückgeht. Und: Dass ab dem Jugend- und im Erwachsenenalter Frauen häufiger ein Problem mit Neurodermitis haben als Männer. Die Zahlen im Einzelnen: In der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen haben 6,3 Prozent der jungen Frauen und 4,8 Prozent der jungen Männer eine Neurodermitis-Diagnose. Bei den über 20-Jährigen sind 4 Prozent der Frauen und 2,5 Prozent der Männer betroffen. Nach aktuellem Stand der Wissenschaft sind genetische Faktoren die Ursache dafür.
Neurodermitis: Corona-Impfung ausdrücklich empfohlen
Da Menschen mit Neurodermitis häufig unter verschiedenen Unverträglichkeiten leiden, fragen sich viele Betroffene, ob sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen können. Hautarzt Augustin gibt einen klaren Ratschlag: „Ich kann nahezu allen Betroffenen ab 16 Jahren mit Neurodermitis uneingeschränkt und dringend die Impfung mit den in Europa zugelassenen Impfstoffen empfehlen, auch eine Arzneimitteltherapie steht dem nicht im Wege." Patienten mit bekannten Unverträglichkeiten gegenüber Bestandteilen der Impfstoffe oder bekannten schweren allergischen Reaktionen in der Vorgeschichte sollten sich allerdings ausführlich von einem Arzt oder einer Ärztin beraten lassen.