Intraoperative Bestrahlung auch bei Wirbelsäulenmetastasen

Uni Greifswald
Im November 2009 fand am Universitätsklinikum Mannheim eine Weltpremiere statt: Orthopäden, Chirurgen und Strahlentherapeuten ist es erstmals gelungen, die Bestrahlung eines von Metastasen befallenen Wirbelkörpers minimal invasiv - durch einen Schnitt von weniger als einem Zentimeter - direkt im Wirbelkörper durchzuführen und diesen gleichzeitig durch Knochenzement zu stabilisieren.
Bestrahlen und Zementieren in einer Operation
Die neue Kombination aus intraoperativer Radiotherapie (IORT) und Kyhoplastie (Einspritzung von Knochenzement) - kurz Kypho-IORT wird mittlerweile an mehreren Studienzentren in Deutschland im Rahmen einer Phase II Studie durchgeführt, darunter an der Orthopädischen Universitätsklinik in Greifswald. Von der Behandlung profitieren Patienten, deren Wirbelsäule aufgrund von Metastasen operativ stabilisiert werden muss. Das in Mannheim entwickelte Verfahren verspricht neben der sofortigen Schmerzlinderung durch die Kyphoplastie eine sichere Therapie der Wirbelsäulenmetastasen, bedingt durch die hohe lokale Strahlendosis, die direkt am Zielort appliziert wird. Anders als bei der herkömmlichen Strahlentherapie reicht eine einzige Bestrahlung aus, um die Wirbelsäulenmetastasen zu zerstören.
"Für die Patienten ist das ein enormer Fortschritt, da die anschliessende Bestrahlungstherapie in der Regel mehrere Wochen in Anspruch genommen hat", erklärt PD Dr. Ralph Kayser. Der Stellvertretende Direktor der Orthopädischen Klinik hat die ersten Patienten mit der neuen Methode operiert. Die Kypho-IORT eigne sich allerdings nicht für alle Patienten, so kämen beispielswiese Patienten mit mehr als drei Wirbelsäulenmetastasen für den minimal-invasiven Eingriff nicht in Frage. "Letztendlich können wir immer erst unter der Operation entscheiden, ob eine lokale Bestrahlung möglich ist", so der Orthopäde.
Wirklich neu an dem Verfahren ist seine Kombination. Die intraoperative Strahlentherapie mit einem speziell dafür entwickelten mobilen Bestrahlungsgerätes namens Intrabeam kommt seit einigen Jahren vor allem bei der Behandlung von Brustkrebs zum Einsatz. Die Kyphoplastie ist eine inzwischen etablierte Methode, die eingebrochenen Wirbelkörper mithilfe von eingespritztem Knochenzement stabilisiert, und wird vor allem bei osteoporotischen Wirbelfrakturen eingesetzt.
Rund 50 Prozent der Knochenmetastasen befallen die Wirbelsäule
Knochenmetastasen siedeln sich vor allem in den Wirbelkörpern an. Mit der Metastasierung geht eine schmerzhafte Auflösung des Wirbelkörpers einher, die häufig die Bewegungsfähigkeit im täglichen Leben stark einschränkt. Eine Therapie in dieser Situation hat zum Ziel, das Tumorwachstum am Rückenmark zu stoppen sowie den Wirbel zu stabilisieren und den Patienten vom Schmerz zu befreien.
Standardtherapie ist bislang die Bestrahlung des von der Metastase betroffenen Wirbelkörpers durch die intakte Haut hindurch (perkutan). Der auf diese Weise behandelte Knochenanteil kann sich wieder zu tragfähigem Knochen regenerieren, was jedoch in der Regel länger als drei Monate dauert. Zudem treten bei dieser Behandlung in etwa zehn Prozent der Fälle Rezidive auf, da nur eine geringere Strahlendosis eingesetzt werden kann, um Haut und gesundes Rückenmark zu schonen. "Wir haben daher ein Verfahren "Kypho-IORT" entwickelt, das die Vorteile einer Kyphoplastie - minimal invasiver Eingriff, sofortige Stabilisierung, schnelle Schmerzreduktion - mit der intraoperativen Radiotherapie (IORT) kombiniert", sagt der Strahlentherapeut Prof. Dr. med. Frederik Wenz, Uniklinikum Mannheim. Von der höheren Strahlendosis der IORT erhoffen sich die Ärzte langfristig bessere Behandlungsergebnisse. Welche maximale Strahlendosis im sensiblen Bereich der Wirbelsäule gegeben werden kann, wird derzeit in der Phase II Studie ermittelt.