
Forscher haben möglicherweise eine wirksame Therapie gegen Hepatitis E gefunden – Foto: ©Kateryna_Kon - stock.adobe.com
Lange Zeit galt Hepatitis E als Erkrankung, die fast nur in fernen Ländern auftritt. Und tatsächlich ist diese Form der Hepatitis die zweithäufigste in Nordafrika und Vorderasien. Doch auch in Mitteleuropa steigt die Zahl der Hepatitis-E-Fälle immer mehr an, und das nicht nur durch Fernreisen. So wurde in den Jahren 2007 und 2008 die Mehrzahl der Neuerkrankungen in Deutschland durch hier heimische Virusstämme verursacht. Das Virus wird hierzulande vor allem über kontaminiertes rohes Schweine- und Wildfleisch übertragen
Hepatitis E verläuft häufig schwer, eine spezifische Therapie existiert bisher nicht - außer Ribavirin, dass aber nicht bei jedem wirkt. Ein internationales Forscherteam hat nun in dem natürlich vorkommenden Stoff Silvestrol einen möglichen Wirkstoff gegen das Virus gefunden. Sowohl in Zellkulturen als auch im Mausmodell hemmte die Substanz die Vermehrung der Erreger. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher jetzt im Fachmagazin Antiviral Research.
Natürlicher Wirkstoff hemmt Vermehrung der Viren
Silvestrol wird von rund 400 verschiedenen Arten von Mahagonipflanzen gebildet und lässt sich aus deren Blättern extrahieren. In der Vergangenheit wurde es schon als möglicher Wirkstoff gegen bestimmte Tumore und gegen Ebola beschrieben, ist aber bisher nicht im klinischen Einsatz. Beim Screening möglicher Wirkstoffe gegen Hepatitis E untersuchte nun das internationale Forscherteam um Dr. Daniel Todt und Prof. Dr. Eike Steinmann von der Abteilung für Medizinische und Molekulare Virologie der Ruhr-Universität Bochum die Wirkung von Silvestrol auf das Virus. „Wir haben dazu zuerst sogenannte Reporterviren in Zellkulturen mit Silvestrol behandelt und festgestellt, dass sie sich weniger stark vermehrten als ohne die Behandlung“, so Todt.
Im nächsten Schritt nutzten die Forscher Stammzellen, die sie zu Leberzellen ausdifferenziert hatten. Sie infizierten sie mit Hepatitis-E-Viren – sowohl solchen, die sie zuvor im Labor produziert hatten, als auch solchen, die aus Patienten stammten und aufgereinigt worden waren. Die Forscher beobachteten den Infektionsverlauf mit und ohne Silvestrol mehrere Tage lang. „Mit Hilfe von spezifischen, gegen das Virus gerichteten Antikörpern konnten wir messen, wie häufig sich die Viren in den infizierten Zellen repliziert hatten“, erklärt Todt.
Weitere Studien nötig
Wie sich zeigte, sanken nach der Behandlung mit Silvestrol die Vermehrungsrate und die Zahl der infizierten Zellen deutlich. „Die Wirkung von Silvestrol war stärker als die von Ribavirin, dem bisher einzigen Wirkstoff, der gegen Hepatitis E eingesetzt wird“, so die Forscher. Das zeigte sich bei Infektionen mit allen bekannten vier genetisch unterschiedlichen Typen des Virus, an denen Menschen erkranken können.
Um zu untersuchen, ob der Wirkstoff die Virusvermehrung auch in lebenden Organismen hemmt, testeten die Wissenschaftler seine Wirkung bei Mäusen, denen menschliche Leberzellen eingepflanzt und die mit Hepatitis E infiziert wurden. Auch bei ihnen führte die Behandlung mit Silvestrol dazu, dass sich die Viren weniger häufig replizierten. Schädliche Nebenwirkungen blieben in geringer Dosierung aus. Die Ergebnisse wecken die Hoffnung, dass Silvestrol ein wirksames Mittel gegen Hepatitis E sein könnte. „Das klinische Potenzial muss in weiteren Studien ausgelotet werden“, so Eike Steinmann. „Unsere Untersuchungen legen dafür den Grundstein.“
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