Erst gegen FSME impfen, dann gegen COVID-19

Frühsommer-Meningo-Enzephalitis (FSME): Anders als es klingt, kann diese vor allem fürs Gehirn gefährliche Infektionskrankheit das ganze Jahr über bei Zeckenstichen übertragen werden. – Foto: AdobeStock/Henrik Dolle
704 Fälle der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis registrierte das Robert-Koch-Institut im vergangenen Jahr – der höchste Wert, seit die FSME 2001 zur meldepflichtigen Krankheit erklärt wurde. 704 – das klingt nicht nach viel. Aber die Erkrankung ist gefährlich: Sie befällt Hirnhaut und Zentralnervensystem, ist nicht mit Medikamenten heilbar, kann neurologische Langzeitschäden verursachen und in schweren Fällen sogar tödlich verlaufen. Daher ist die richtige Vorsorge wichtig – insbesondere durch eine Impfung. Aber wann ist der richtige Zeitpunkt für die Impfung gegen FSME? Und welche Rolle spielt dabei die COVID-19-Pandemie?
Zeitabstand bei Impfungen bis zu sechs Wochen
Auch wenn die Impfkampagne gegen COVID-19 an Fahrt gewinnt, ist nicht vorhersehbar oder planbar, wann die „gesünderen“ oder jüngeren Menschen nachgeordneter Risikogruppen an die Reihe kommen. Ab Sommer rechnen Experten mit Impfangeboten für die breite Bevölkerung. Da können Termine durchaus kurzfristig zustande kommen und insgesamt sind es bei der Corona-Impfung ja zwei – mit einem Abstand von bis zu sechs Wochen. Allerdings: Impfungen sollten nie parallel erfolgen, um das Immunsystem nicht zu erfordern. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt deshalb, zwei Wochen vor und nach einer COVID-19-Teilimpfung keine anderen Impfungen durchzuführen.
„Wer einen Impfschutz gegen FSME benötigt, sollte jetzt zum Arzt gehen, sich beraten und impfen lassen", rät Zeckenforscher Jochen Süss. Das bedeutet: Vorsorgeimpfungen wie die gegen FSME sollten daher möglichst zeitnah erfolgen, damit der Impfschutz aufgebaut ist, bevor die COVID-19-Impfung ansteht.
FSME: 169 deutsche Regionen sind Risikogebiet
Wenn Zecken Menschen stechen, können sie eine ganze Reihe von Erregern übertragen. Die in Mitteleuropa am stärksten verbreiteten und bekannten sind neben dem FSME-Virus die Bakterien, die „Lyme- Borreliose“ auslösen können. Studien zeigen, dass sich der Lebensraum der Zecken in Europa immer weiter ausdehnt. Wissenschaftler machen dafür die globalen Klimaveränderungen mitverantwortlich. Das FSME-Virus können Zecken theoretisch in ganz Deutschland übertragen. In fast allen Regionen Deutschlands treten mittlerweile einzelne Fälle der Frühsommer-Meningo-Enzephalitis auf. Die 169 vom Robert-Koch-Institut ausgewiesenen Risikogebiete mit besonders hoher Infektionsgefahr liegen allerdings in der Südhälfte Deutschlands – südlich einer Linie Frankfurt/Main-Dresden.
Bayern und Baden-Württemberg flächendeckend betroffen
Flächendeckend betroffen sind die Länder Bayern und Baden-Württemberg, außerdem Teile von Hessen, Thüringen und Sachsen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt Personen, die in FSME-Risikogebieten leben oder dorthin reisen, sich gegen die Krankheit impfen zu lassen.
Tipps zur Vermeidung von Zeckenstichen
Um gar nicht erst von einer Zecke gestochen zu werden, rät Zeckenforscher Süss zum Tragen von heller, langer Kleidung und geschlossenem Schuhwerk, das Einsprühen mit Anti-Zeckenspray sowie das gründliche Absuchen des Körpers nach jedem Aufenthalt im Grünen. Hier weitere Tipps für einen optimalen Zeckenschutz.
Was genau ist FSME?
Das Krankheitsbild „Frühsommer-Meningo-Enzephalitis“ setzt sich aus drei Wortbausteinen zusammen. Als „Enzephalitis“ wird in der medizinischen Fachsprache eine Entzündung des Gehirns bezeichnet. Meningitis steht dagegen für „Hirnhautentzündung“. Sind beide Partien des Gehirns betroffen, heißt die Erkrankung Meningo-Enzephalitis. Die Bezeichnung „Frühsommer“ ist dabei korrekt, aber dennoch irreführend, denn eine FSME kann man sich das ganze Jahr über einfangen. Die Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang rührt von der russischen Taigazecke her, die nur im Frühjahr und Frühsommer aktiv ist. In Mitteleuropa sind Zecken dagegen ab Außentemperaturen von etwa sieben Grad und aufgrund der immer milderen Winter damit fast ganzjährig aktiv.